Tag des Sieges (2025) in Belarus

Akti­on Port Woling – Zum Tag des Sie­ges bei Jenen, die den ers­ten Schlag des Faschis­mus auf sich nah­men und ihn schließ­lich vor 80 Jah­ren besieg­ten. Deut­sche Frie­dens­bot­schaf­ter bege­hen Volks­di­plo­ma­tie zur wür­di­gen Fest­wo­che um den 9. Mai in Belarus.


80. Jahrestag des Sieges

Befreiung, Sieg und Verpflichtung

Der 8. Mai ist für uns Deut­schen der Tag der Befrei­ung vom → Faschis­mus. Für Bela­rus, Russ­land und wei­te­re GUS-Staa­ten (sowie Staa­ten bzw. den Sowjet­re­pu­bli­ken der ehe­ma­li­gen Sowjet­uni­on) ist der 9. Mai der Tag des Sie­ges. Es ist der Tag des Sie­ges nicht über das deut­sche Volk, son­dern des Sie­ges über die Faschis­ten – wie ihre Men­schen oft selbst betonen.

Für Bela­rus – wäh­rend des 2. Welt­krie­ges eine Teil­re­pu­blik der Sowjet­uni­on – und jeden sei­ner Men­schen hat die­ser Tag auch eine beson­de­re Bedeu­tung. Jede Fami­lie hat­te im Gro­ßen Vater­län­di­schen Krieg Opfer zu bekla­gen. Jeder 3. Ein­woh­ner von Bela­rus kam durch den deut­schen Ver­nich­tungs­feld­zug nach dem → Über­fall auf die Sowjet­uni­on am 22. Juni 1941 um’s Leben.

Eigent­lich woll­te ich als Frie­dens­sol­dat für immer am 9. Mai und 80. Jah­res­tag des Ereig­nis­ses mit ehe­ma­li­gen Berufs­sol­da­ten der bis dato ein­zi­gen deut­schen Frie­dens­ar­mee zum Geden­ken in Mos­kau sein. Es war mir ein zutiefst mensch­li­ches Bedürf­nis. Dazu stand ich in Kon­takt mit dem Prä­si­di­al­amt in Mos­kau und dem rus­si­schen Bot­schaf­ter in Ber­lin. Es soll­te aus Grün­den nicht klap­pen. Es griff Plan B, den mir ein deut­scher, in Brest (Bela­rus) wohn­haf­ter Freund vor­schlug. Ich bin ihm sehr dankbar.

9. Mai, Tag des Sieges

So beging ich mit mei­ner seit über 40 Jah­ren ver­bun­de­nen Ehe­frau und Freun­den das Ereig­nis dort, wo das Unheil, der deut­sche Über­fall auf die Sowjet­uni­on am 22. Juni 1941 sei­nen Anfang nahm – in Brest und sei­ner Fes­tung am Fluss Bug bei Jenen und Gren­zern, die den ers­ten Schlag auf sich nah­men. Es tat mei­nem Anlie­gen als ehe­ma­li­ger Gren­zer und Offi­zier kei­nen Abbruch – das Geden­ken war dem Mos­kau­er eben­bür­tig und genau­so wür­dig – so wür­dig, wie an jeder Gedenk­stät­te in den Wei­ten Russ­lands und von Bela­rus, bis ins kleins­te Dorf, das dem Ereig­nis gedach­te, so wür­dig, wie auch Freun­de in Deutsch­land, u.a. in Ber­lin Trep­tow unter unglaub­li­chen Ver­bo­ten der Ber­li­ner Poli­zei am Ehren­mal das Ereig­nis begingen.

Mei­ne Gedan­ken waren an die­sem Tag bei Allen, die der her­aus­ra­gen­den Befrei­ungs­tat der Sowjet­uni­on und ihrer 27 Mil­lio­nen Opfer gedachten.

2023-10-06, Berlin Treptow, Sowjetisches Ehrenmal
Der Autor

Ich habe heu­te nur Ver­ach­tung für jene Geschichts­ver­ges­se­ne übrig, die die Befrei­ungs­tat der → Ver­tei­di­ger, der Roten Armee und des Vol­kes der Sowjet­uni­on, ihre her­aus­ra­gen­de Leis­tung ver­fäl­schen, negie­ren und wie­der nach den Begehr­lich­kei­ten da im Osten spä­hen. Ja, unfass­bar(!), vor allem dem aktu­el­len west­li­chen Sys­tem ent­spre­chend, wie deut­sche ReGIE­Ren­de heu­te wie­der nazis­ti­sches Gedan­ken­gut (wie nicht nur im Arti­kel der Jun­ge Welt vom 14.05.2025, Sei­te 7, beschrie­ben) und Faschis­mus nicht nur mit­tra­gen, son­dern schon seit 2014 in der Ukrai­ne beför­der­ten, wie deut­sche Ver­ant­wort­li­che ihre Gier nach den rus­si­schen Res­sour­cen und eine erfor­der­li­che Vernichtung/Tötung von Rus­sen schon gele­gent­lich in öffent­li­chen Run­den und Talk-Shows ver­laut­bar­ten. Es fehlt schein­bar nur noch eine Reha­bi­li­ta­ti­on der Ideo­lo­gie zur Ost­po­li­tik Hit­ler­deutsch­lands, der offe­ne Aus­bruch des Faschis­mus, das Fal­len­las­sen aller­letz­ter ethisch-mora­li­scher und juris­ti­scher Schran­ken, das offe­ne Ver­an­kern in Gesetz, Staat und Armee (wie damals das Mas­sen­mord-Pro­gramm für den deut­schen Über­fall) für jede Untat gegen­über Rus­sen, aber auch hier­zu­lan­de gegen Freun­de Russ­lands und Geg­ner des deut­schen Militarismus.

An die­sen bei­den Tagen waren wir als Frie­dens­bot­schaf­ter und für eine Volks­di­plo­ma­tie unter­wegs. Wir gedach­ten nicht nur der Opfer und Leis­tung der Befrei­er, wir erin­ner­ten auch der not­wen­di­gen höchs­ten Wach­sam­keit gegen­über den Fein­den des Frie­dens, der Mensch­lich­keit, gegen den erneut auf­kei­men­den Mili­ta­ris­mus, Revan­chis­mus und Faschismus.

zu Gast in der Schule Chernavchitsy (Brest Region, Belarus), Unterzeichnung Vertrag über Zusammenarbeit
Die Dele­ga­ti­on in Domachevo

In die­sem Sin­ne waren Freun­de, mei­ne Frau und ich in Bela­rus unter­wegs mit den Sta­tio­nen Drem­le­wo, Domat­sche­wa, Mucha­wez, Brest und letzt­lich zur zen­tra­len Fest­ver­an­stal­tung in der Fes­tung Brest. Am Ende die­ses Arti­kels berich­ten Fotos davon. Um nicht zu ver­ges­sen die Ein­drü­cke, die die wun­der­schö­ne Stadt Brest lie­fer­te – u.a. auch mit sei­nem → Eisen­bahn-Muse­um (unter dem Link mit mei­nen Fotos von dort).

Wir waren dort als Deut­sche, die den Men­schen mani­fes­tier­ten, dass es auch ein ande­res Deutsch­land gibt, als das, was zur Zeit extre­mis­ti­sche Regie­ren­de und ihre Sys­tem­par­tei­en der → Poli­ti­schen Klas­se, die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ent­ge­gen ihrer Bekun­dun­gen erneut die Anfän­ge de Faschis­mus beför­der­ten, ver­kör­pern. Wir wah­re Anti­fa­schis­ten wer­den wei­ter Alles tun, eine Wie­der­ho­lung der unrühm­li­chen, ver­bre­che­ri­schen deut­schen Geschich­te zu ver­hin­dern – für Frie­den, Freund­schaft und Völ­ker­ver­stän­di­gung.

Erinnerung in Dremlewo
Belarus, Rajon Brest, Dremlewo Gedenkstätte
Drem­le­wo Gedenkstätte

Am Vor­tag des Tages der Befrei­ung fuh­ren wir von Brest aus nach Dem­le­wo – gele­gen etwa 40 Kilo­me­ter nord­öst­lich von Brest. Am 11. Sep­tem­ber 1942 geschah dort Unfass­ba­res. Drem­le­wo wur­de wäh­rend der Ope­ra­ti­on Drei­eck der deut­schen Wehr­macht dem Erd­bo­den gleich gemacht und samt Bewoh­nern grau­sam aus­ra­diert. Zum Zeit­punkt sei­ner Zer­stö­rung hat­te das Dorf Drem­le­wo etwa 200 Ein­woh­ner. Die „Ope­ra­ti­on Drei­eck“ dau­er­te 17 Tage, in denen 6 Dör­fer von den “Bestraf­ern” einer Par­ti­sa­nen­ak­ti­on nie­der­ge­brannt wurden.

Am Mor­gen des 11. Sep­tem­ber 1942 ver­sam­mel­ten sich die Bewoh­ner des Dor­fes. Die ortho­do­xen Chris­ten fei­er­ten an die­sem Tag das gro­ße kirch­li­che Fest der Ent­haup­tung von Johan­nes dem Täu­fer (im Volks­mund Golo­vo­sek, Golo­vorez oder Kro­vav­nik genannt). Plötz­lich stür­men die “Bestrafer” der 10.Kompanie des deut­schen 201. Batail­lons der Sicher­heits­po­li­zei (Schutz­mann­schaft) das Dorf. Mit Maschi­nen­ge­weh­ren bewaff­net, trie­ben die Faschis­ten die Men­schen aus ihren Häu­sern auf die Stra­ße. Wer Wider­stand leis­te­te und bete­te, wur­de auf der Stel­le erschos­sen. Die Über­le­ben­den wur­den in zwei Schup­pen getrie­ben, die spä­ter in Brand gesteckt wur­den. His­to­ri­kern zufol­ge wur­den an die­sem schick­sal­haf­ten Tag 43 Haus­hal­te ver­nich­tet. 196 Ein­woh­ner – über­wie­gend Alte, Frau­en und Kin­der – wur­den bei leben­di­gem Lei­be ver­brannt und das kom­plet­te Dorf dem Erd­bo­den gleichgemacht.

“Metho­disch trie­ben sie die Bewoh­ner in vier Neben­ge­bäu­de: Män­ner und Jugend­li­che in die Scheu­nen von Ivan Kys­ly und Mich­al Lev­chuk, Frau­en, Mäd­chen und klei­ne Kin­der in die Scheu­nen von Andrej Ces­lik und Jakov Yuras­ik. Dann wur­de das Dorf geplün­dert und gegen 10 Uhr mor­gens in Brand gesetzt. Die 183 Ein­woh­ner des Dor­fes Drem­le­wo (90 männ­li­che und 93 weib­li­che) wur­den ermor­det. Davon waren fünf Mäd­chen – Ljud­mi­la Anto­ni­uk, Nadezhda Oli­zar­ko, Evge­nia Lev­chuk, Nadezhda Yuras­ik und Anna Yuras­ik – unter einem Jahr alt, 13 Kin­der waren zwi­schen einem und vier Jah­re alt, wei­te­re 20 waren zwi­schen 5 und 14 Jah­re alt. Der ältes­te der Bewoh­ner, Fjo­dor Yar­mo­shuk, wur­de 1860 gebo­ren. Die von den Bewoh­nern der umlie­gen­den Dör­fer gesam­mel­ten Lei­chen wur­den zum Fried­hof des Dor­fes Ste­pan­ki gebracht und am 13. Sep­tem­ber 1942 bei­gesetzt. Die Besat­zungs­be­hör­den ver­bo­ten die Abhal­tung eines Gedenk­got­tes­diens­tes und die Beer­di­gung der Toten.

Nur vier ver­wun­de­te Jugend­li­che über­leb­ten das Mas­sa­ker: Niko­lay Yar­mo­shuk, Mikhail Dani­li­uk, Dmit­ry Yuras­ik und Vita­liy Cheh­l­ov. Die Kin­der eines ört­li­chen Poli­zis­ten, Iwan und Nadezhda Gut­ko über­leb­ten eben­falls. Dar­über hin­aus über­leb­ten auch Bewoh­ner von Drem­le­wo, die an die­sem tra­gi­schen Tag nicht anwe­send waren” (Quel­le: Plu­sPe­dia, Drem­le­wo, http://de.pluspedia.org/wiki/Dremlewo, 19.05.2025).

Das Dorf Drem­le­wo ist Teil der ver­brann­ten Dör­fer Weiß­russ­lands. Es reih­te sich ein in die Lis­te zer­stör­ter Sied­lun­gen in Weiß­russ­land (1941-1944) – in die über 5.295 Ort­schaf­ten, in denen die gesam­te oder ein Teil der Bevöl­ke­rung durch soge­nann­te Straf­ak­tio­nen ermor­det wur­den. 186 Dör­fer konn­ten nicht wie­der­auf­ge­baut wer­den, da die Orte mit fast allen ihren Bewoh­nern, ein­schließ­lich Müt­tern und Klein­kin­dern, gebrech­li­chen älte­ren Men­schen und Behin­der­ten, ermor­det wur­den (Quel­le: Plu­sPe­dia, Drem­le­wo, http://de.pluspedia.org/wiki/Liste_zerstörter_Siedlungen_in_Weißrussland_(1941-1944), 19.05.2025).

Eine deut­sche Frie­dens­de­le­ga­ti­on hat­te sich die­ser Geschich­te von Drem­le­wo bereits Ende 2022 sowie 2023 gewid­met und den Ort erst­ma­lig besucht. Die Enkel der Täter stan­den damals an die­sem Ort erst­mals den Enkeln der Opfer gegen­über. Eine Grup­pe von etwa 50 Deut­schen sowie Unter­stüt­zern aus Luxem­burg, Öster­reich und der Schweiz war dort im März 2023 als Bot­schaf­ter auf einer Frie­dens­mis­si­on. Die Freun­de han­del­ten in der nicht tri­via­len Ange­le­gen­heit unter den Augen der Regie­rung, regio­na­len Öffent­lich­keit und den Medi­en von Bela­rus. Unter dem Arti­kel → “1942-09-11 @ Drem­le­wo in Bela­rus” berich­te­te ich davon. Zu unse­rer Bela­rus-Mis­si­on im Jahr 2023 habe ich aus­führ­li­che­re Infor­ma­tio­nen bzw. einen Gesamt­be­richt ver­öf­fent­licht unter mei­nem Bei­trag → “Frie­dens­mis­si­on in Bela­rus“.

Wir gedach­ten in Drem­le­wo kurz vor dem 80. Jah­res­ta­ges des Sie­ges über den Faschis­mus der Opfer und leg­ten Blu­men nie­der. Im Gegen­satz zur letz­ten Mis­si­on 2023 beglei­te­te uns wun­der­schö­nes Früh­lings­wet­ter, das die­sem dunk­len Ort der Trau­er und Erin­ne­rung schein­bar zu viel Glanz ver­lieh. Die Stät­te wird heu­te von den Ein­hei­mi­schen der umlie­gen­den Dör­fer sorg­sam gepflegt. An bestimm­ten Tagen wer­den hier regel­mä­ßig Gedenk­ver­an­stal­tun­gen abgehalten.

Zu Gast in der Schule Domatschewa
8. Mai 2025 in Belarus, Rajon Brest, in der Schule Domachevo bei Brest, Empfang
in der Schu­le Domatschewa

Am Tag der Befrei­ung und 80. Jah­res­tag die­ses Ereig­nis­ses, dem 8. Mai 2025, wur­den in Bela­rus bereits regio­na­le Gedenk­ver­an­stal­tun­gen durch­ge­führt. Unse­re Grup­pe war an die­sem Tag auf Ein­la­dung zu Gast in einer Schu­le (“Средняя школа д. Чернавчицы”, Ulit­sa Sikor­sko­go 20, Cher­nav­chit­sy, Brest Regi­on, Bela­rus) im klei­nen Ort Domat­sche­wa – etwa 40 Kilo­me­ter süd­lich von Brest an der Gren­ze zu Polen gele­gen, unweit der Gren­ze zur Ukraine.

Die Eltern eines Dele­ga­ti­ons­mit­glieds waren in die­ser Regi­on vor dem 2. Welt­krieg als Deut­sche hei­misch. Dar­aus ergab sich ein Bezug zur Regi­on sowie für freund­schaft­li­che, orga­ni­sier­te Zusam­men­ar­beit. Im Arti­kel → “Deutsch-Bela­rus­si­scher Jugend­dia­log” berich­te­te ich Ende 2024 dar­über sowie über die umfang­rei­chen Akti­vi­tä­ten des Ver­eins DBJD (Deutsch-Bela­rus­si­sche-Jugend­dia­log e.V., Немецко-Белорусский Молодежный Диалог).

In der Schu­le wur­den wir freund­schaft­lich emp­fan­gen, durch die Räu­me geführt und auch zu Mit­tag aus der eige­nen Küche ver­sorgt. Ein Kul­tur­pro­gramm in der Aula der Schu­le schloss den Besuch ab. Auf­fäl­lig waren uns der beson­de­re Bezug zur Geschich­te und auch den Opfern in die­ser Regi­on. Die Freund­lich­keit der Kin­der war nicht gespielt – sie kam aus ihren Her­zen. Ich unter­hielt mich mit einem klei­nen Jun­gen, der viel­leicht das Alter mei­nes Enkels hat­te. Es war unvergesslich.

Über­all sicht­bar war auch der Bezug der Kin­der zu ihrer Hei­mat und zum The­ma Frie­den. Die­sen Kin­dern wer­den kei­ne Feind­bil­der imple­men­tiert. Sie wer­den nicht für den Krieg erzo­gen, son­dern den Frie­den, aber auch der Bereit­schaft, ihn zu ver­tei­di­gen. Es ist das, was mich stark an mei­ne eige­ne Schul­zeit erinnerte.

Der Ver­ein DBJD schloss wäh­rend unse­res Besu­ches einen Part­ner­schafts­ver­trag zur wei­te­ren Zusam­men­ar­beit mit der Schu­le ab.

Gedenken an ermordete Kinder
Belarus, Rajon Brest, Gedenkstätte Protest, Gedenken an ermordete Kinder
Gedenk­stät­te Protest

Unweit der Schu­le in Domat­sche­wa geschah wäh­rend der Zeit der Beset­zung durch deut­sche Faschis­ten eine grau­sa­me Tat an Kin­dern. Die­ser schlim­men Tat und zur Erin­ne­rung ist eine Gedenk­stät­te gewid­met. Zu die­ser Gedenk­stät­te fuh­ren wir nach dem Schulbesuch.

Die Tat ist ein­zu­ord­nen in das außer­or­dent­li­che Vor­ha­ben eines per Gesetz geplan­ten Ver­nich­tungs­feld­zu­ges. Das → Unter­neh­men Bar­ba­ros­sa (Angriffs­plan gegen die Sowjet­uni­on mit dem Code­na­men „Richt­li­nie Nr. 21. Plan – Bar­ba­ros­sa”) war erst­ma­lig ein Krieg – und das ist das Beson­de­re -, der mit einem sys­te­ma­ti­schen, staat­lich orga­ni­sier­ten, sogar in Geset­zen fixier­ten Mas­sen­mord zur Durch­set­zung einer per­fi­den Ideo­lo­gie und öko­no­mi­scher Inter­es­sen ein­her­ging. Die Umset­zung der mör­de­ri­schen Ideo­lo­gie Hit­lers unter­lag in dem nazis­ti­schen Regime einem Gene­ral­plan zum sys­te­ma­ti­schen Geno­zid und größ­ten Mas­sen­mord der Menschheitsgeschichte.

Was geschah hier bei Domat­sche­wa? Hier bestand ein Kin­der­heim. Die Wehr­macht erlitt bei ihrem Vor­marsch Ver­lus­te. Zur Ver­sor­gung von Ver­wun­de­ten benö­tig­te man Unter­brin­gungs­mög­lich­kei­ten. So wur­de das Kin­der­heim eva­ku­iert. Statt die Kin­der an einen ande­ren Ort zu brin­gen, fuh­ren die Faschis­ten die Kin­der in den nahen Wald. Eine Erzie­he­rin war mit­ge­fah­ren, weil sie miss­trau­isch war – um die Kin­der nicht allein zu las­sen. Die Faschis­ten befah­len den Kin­dern im Wald, sich aus­zu­zie­hen. Die Kin­der folg­ten dem. Sie hoben aber fra­gend die Hän­de – was geschieht mit ihnen? Nackt wie sie waren, wur­den alle an Ort und Stel­le erschos­sen. Kurz vor dem Ziel gelang es noch zwei Kin­dern vom LKW zu sprin­gen und in den Wald zu flie­hen. Sie ent­ka­men dem Massaker.

Das Denk­mal “Pro­test” erin­nert an die Kin­der – an die grau­sa­me Tat vor über 80 Jah­ren – schwe­ben­de, ent­klei­de­te Kin­der zwi­schen Him­mel und Erde. Die Tat, das Denk­mal – es ist schwer zu ver­ste­hen, noch schwe­rer zu beschrei­ben. Jedes Jahr fin­den hier Gedenk­ver­an­stal­tun­gen statt. In den fol­gen­den 3 Vide­os erin­nert ein Dele­ga­ti­ons­teil­neh­mer an die­se Tat bzw. beschreibt Hin­ter­grün­de: Gedenk­stät­te Pro­test Rede | P1100623 | ТРК Брест, Nach­kom­men in Domat­sche­wa, 20.07.2022 (mit Rede am Ort der Ermordung).

Gedenken in Muchawez

Am Nach­mit­tag des glei­chen Tages fuh­ren wir wei­ter nach Mucha­wez, einem klei­nen Ort 5 Kilo­me­ter süd­öst­lich von Brest. Durch die Sied­lung ver­läuft die Auto­bahn Р17 (Brest – Malori­ta). Im Dorf gibt es eine Bahn­sta­ti­on der Linie Brest – Kowel. An einem Denk­mal für die gefal­le­nen Sol­da­ten im 2. Welt­krieg und in einer nahen Fest­hal­le fand eine gro­ße Gedenk­ver­an­stal­tung des Rajons Brest unter gro­ßer Anteil­nah­me der regio­na­len Bevöl­ke­rung statt.

Und wie­der tra­ten wir als Deut­sche unter die Augen der Öffent­lich­keit. Im Fest­zug mar­schier­ten wir mit den Teil­neh­mern gemein­sam und flan­kiert von der Bevöl­ke­rung zum Denk­mal. Beglei­tet wur­den wir von Pavel Iwa­no­witsch Woly­nez, dem stell­ver­tre­ten­dem Vor­sit­zen­dem des Exe­ku­tiv­ko­mi­tees des Rajons Brest. Am Ehren­mal nah­men wir in der vor­ders­ten Rei­he mit Auf­stel­lung. Es wur­den Reden von regio­na­len Ver­tre­tern gehal­ten, die an die Opfer im Gro­ßen Vater­län­di­schen Krieg erin­ner­ten sowie ein klei­nes Kul­tur­pro­gramm vorgetragen.

Im Abschluss fand am Denk­mal eine Kranz­nie­der­le­gung statt, zu der auch wir als deut­sche Ver­tre­ter einen Kranz nie­der­leg­ten. Auf­merk­sam beob­ach­te­ten das auch die anwe­sen­den media­len Vertreter.

Nach der Kranz­nie­der­le­gung bega­ben wir uns mit regio­na­len Ver­tre­tern und Ein­woh­nern in das Haus der Kul­tur von Mucha­wez. Dort wur­de eine Film­vor­füh­rung und künst­le­ri­sche Unter­ma­lung mit musi­ka­li­schen Auf­füh­run­gen zur Erin­ne­rung an den Gro­ßen Vater­län­di­schen Krieg und die Opfer bzw. Leis­tun­gen des Vol­kes von Bela­rus und der Sowjet­uni­on vor­ge­tra­gen. Vor dem Kul­tur­haus fand wäh­rend des­sen und danach ein gro­ßer Volks­fest statt.

Festung Brest, am Tag des Sieges

Schließ­lich folg­te in der Fest­wo­che im Rajon Brest das gro­ße Fest des Geden­kens an den Sieg und des Frie­dens in der Fes­tung Brest – der Fes­tung und sei­nem Sol­da­ten (einem Gren­zer), die mir immer so am Her­zen lag, die ich nun schon das 4. Mal seit 1988 besuch­te. Im Jahr 2023 war ich dort zu unse­rer Bela­rus-Mis­si­on mit Sascha. Ich berich­te­te dazu unter mei­nem Bei­trag → “1941-06-22 @ Fes­tung Brest“.

Brest war in den Vor­ta­gen zum 9. Mai von Vor­be­rei­tun­gen zum gro­ßen Fest von Jung und Alt geprägt. Auf den Plät­zen und an Mahn­ma­len wur­den Zere­mo­nien geübt, die gan­ze Stadt wür­dig geschmückt.

Über­all stan­den die Zei­chen auf den Tag des Sieges.

Und tat­säch­lich – am 9. Mai war schon früh mor­gens wohl jeder Ein­woh­ner der Groß­stadt auf den Bei­nen. Die Fei­er­lich­kei­ten in der Stadt waren sicht­bar kei­ne dik­tier­ten Maß­nah­men. In der rus­si­schen See­le und auch ganz beson­ders der See­le der Ein­woh­ner von Bela­rus ist das Geden­ken an die Geschich­te und Auf­recht­erhal­ten der Erin­ne­rung zutiefst und fest ver­an­kert. Groß und Klein waren auf den Bei­nen, oft geschmückt mit tra­di­tio­nel­len Klei­dern und/oder Zei­chen der Erin­ne­rung bzw. der Sieger.

Zur Haupt­ver­an­stal­tung in der Fes­tung Brest zog sich ein Kilo­me­ter lan­ger Umzug von Bil­dern der Geschich­te und Gegen­wart durch die Stadt. Er war gesäumt von Men­schen­mas­sen ent­lang der gesam­ten Stre­cke. Auf hal­ber Stre­cke tan­gier­te der Umzug das his­to­ri­sche Eisen­bahn­mu­se­um. Eine Dampf­lo­ko­mo­ti­ve mit der Auf­schrift “Спасиба за Победа” (Dan­ke für den Sieg) war dort extra unter Dampf gesetzt wor­den. Sie wie­der­hol­te wie­der und wie­der ein weit­hin hör­ba­res Pfei­fen. Über­all Volks­fest­stim­mung und Musik­bei­trä­ge. Fast Alle zog es zum Schluss in die Fes­tung, wo ein gro­ßes Volks­fest sowie Para­de zum Tag des Sie­ges statt­fand. Nach offi­zi­el­len Mel­dun­gen waren etwa 70.000 Men­schen in der Fes­tung. Unse­re Grup­pe traf sich hier erneut mit Pavel Wolynez.

Der You­Tuber Wasi­li Wasi­le­witsch Was­ka­pi­lot fass­te die Stim­mung in sei­nen fol­gen­den 2 Vide­os zusammen.

Wei­te­re Kurz­vi­de­os aus mei­ner Kame­ra hal­ten hier die Stim­mung ein wenig fest.

Im Anschluss an das Haupt­er­eig­nis in der Fes­tung Brest fuhr noch ein Teil der Dele­ga­ti­on am nächs­ten Tag nach Minsk und traf sich zu einem Run­den Tisch mit dem dem 1. Sekre­tär des ZK der Bela­rus-Jugend­uni­on Alex­an­der Luki­a­now. So ende­te die Fest­wo­che und der erneu­te Akt an wich­ti­ger Volks­di­plo­ma­tie für Frie­den und Freund­schaft von Deut­schen in Belarus.

Спасибо большое Дорогие Друзья.

Wolf­gang Kiessling (ali­as Woling – www.port-woling.net, ali­as Wol­le Ing – www.wolle-ing.de)


Fotos zu den Ereignissen

Hin­wei­se zu den Bildern:

  • Klick die Vor­an­sicht zur Voll­bild­an­sicht, [→] & [←] = Blät­tern, [ESC] = Schließen
  • Bild­au­tor: Wol­le Ing – Per­sön­lich­keits­recht & Über­las­sung » Foto-Ser­vice
  • Eini­ge Bil­der von ande­ren Autoren (wie in Bild­in­for­ma­tio­nen gekennzeichnet)

*