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2017-04 @ Zur Kriminalstatistik 2016
Zahlen-Fakten-Folgen Port Woling - Darüber, wen Ausländer-Straftaten motivieren
Über eine polizeiliche Kriminalstatistik 2016
Vorgestern (am 24.04.2017) veröffentlichte der Bundesinnenminister Thomas de Maizière medienwirksam die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) über das Jahr 2016. Medien griffen das auf. U. a. lieferte Claus Strunz - der AfD-Starkmacher vom Sat1-Frühstücksfernsehen - dem Fußvolk der Neu-Rechten die Post-Fakten und ihr geistiges Viagra. Sie wären fast untergegangen in dem Promi-TV - aber landesweit sind Rechtspopulisten und (vorgeblich unpolitische) Bürgerwehr-Beauftragte dafür empfänglich, um daraus wieder Argumente für den Untergang des Abendlandes und ihrer Hühner zu sammeln.
Sie trieb dieser »Hau-Drauf-Viagra-Journalismus« mit »Mönchsgesang« auf den »Apfel-Baum« in ihrem Hass gegen ihre ausgemachten Schmarotzer.
Wie MdB Dr. Thomas de Maizière (CDU) mit Zahlen zusammenhanglos umzugehen vermag, hatte er u. a. im Juni 2016 öffentlich präsentiert, als er in einer Attest-Statistik nicht ernst zu nehmende Zahlen vorführte. Nur Matheschwäche?
Sagen Zahlen etwas oder etwa Alles aus? Ggf. motivieren sie Jene, die daraus mit aller Macht schließen wollen. Schaut in die rechte Flanke Deutschlands - was da jetzt abgeht nach den jüngsten Zahlen des deutschen Innenministers. Dabei sagen diese Zahlen rein gar nichts darüber aus, was die Migrationspolitik hierzulande versäumte.
Zahlen besorgen die Losung
Grund genug die neuesten Zahlen vom 24.04.2017 der polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2016 des Bundesinnenministers unter die Lupe zu nehmen. Natürlich reden wir über statistische Zahlen - über empirisch erfasste, gesicherte quantitative Informationen, die immer noch einer gesicherten Interpretation harren. Quantität und Qualität sind zwei Seiten einer Medaille.
Die Zahlen erschienen seit vorgestern vielerorts und publikumswirksam unter solchen Schlagzeilen wie “Mehr Zuwandererkriminalität” anstatt ggf. “Zahl politisch rechts motivierter Gewalttaten auf Höchststand”. Ja - die Öffentlichkeit schaut wie gebannt auf diese Zahlen - meint man jedenfalls. Während Kleider Leute machen, besorgen Statistiken die Verurteilung von Elenden.
Wiedergegebene Zahlen, aus dem Zusammenhang gerissene Werte, pauschalierende Aussagen, weitergegebene »Post-Fakten« fliegen uns - wie bei SAT1 - nur so um die Ohren. Es schüttelt den Hund samt Hütte, wie wieder gefühlte Wahrheiten entstehen.
Also - was wurde uns präsentiert
Hierzu mehr stichpunktartig (als Querschnitt, zunächst ohne Wertung) einige Inhalte aus der PKS-Präsentation (Quelle: Bundeskriminalamt, → “Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) - PKS 2016, Bedeutung, Inhalt, Aussagekraft”, 24.04.2017). Ich runde dabei Prozent-Angaben auf Ganzzahlen (welchen Wert hätten Nachkommastellen).
Hinweis zur PKS: Nicht enthalten sind Staatsschutzdelikte, Verkehrsdelikte (mit Ausnahme der Verstöße gegen §§ 315, 315b StGB und § 22a StVG), Straftaten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden, Verstöße gegen strafrechtliche Landesgesetze, mit Ausnahme der einschlägigen Vorschriften in den Landesdatenschutzgesetzen und Delikte, die nicht zum Aufgabenbereich der Polizei gehören (z.B. Finanz- und Steuerdelikte) bzw. unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und ausschließlich von ihr bearbeitet werden (z.B. Aussagedelikte).
- Die Gesamtzahl an Straftaten ist nahezu unverändert.
- Straftaten insgesamt ohne ausländerrechtliche Verstöße nahezu unverändert.
- Die Gewalt in Deutschland nimmt zu - Plus 7%.
- Mord/Totschlag - Plus ca. 14% und Sexual-Straftaten Plus ca. 13%.
- Wohnungseinbrüche gesunken - Minus ca. 10% und Raubdelikte - Minus 4%.
- Vorsätzliche Körperverletzung ist gestiegen - Plus 8%.
- Straßenkriminalität gesunken - Minus 1% und auch Diebstähle - Minus 4%.
- Wirtschafts-, Wettbewerbs-, Korruptions-, Amtsdelikte - leichter Rückgang.
- Sachbeschädigungen nahmen zu - Plus 3% und Beleidigungen - Plus 7%.
- Eine Zunahme gab es bei Widerstand gegen die Staatsgewalt - Plus 11%.
- Einen recht hoher Zuwachs verzeichnet die computergestützte Kriminalität.
- Straftaten gegen Waffengesetz - Plus 15% und Rauschgiftdelikte - Plus 7%.
- Tatverdächtigen Deutsche - Minus 3% und Nichtdeutsche - Plus 5%.
- Unter allen Straftaten 2016 (Anzahl: 6.372.526) ist der Anteil der Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asyl- und das Freizügigkeitsgesetz/EU recht hoch mit 487.711 Fällen. Er stieg damit um 21%.
Die PKS-Dokumentation und ihre öffentliche Präsentation durch den Bundesinnenminister führt nach den reinen Zahlen auch weitere Aspekte an, wie u. a. zur räumlichen Verteilung, nationaler Zugehörigkeiten oder Altersstrukturen in der Kriminalität:
- Die Gesamtaufklärungsquote bei Straftaten lag bei 56%.
- Zunehmende Verrohung u.a. im Internet, in der Alltagskriminalität, der rechten, linken und Kriminalität von Ausländern.
- Ca. 11 % mehr Delikte gegen Polizisten. Insgesamt sind mehr Angriffe auf Polizisten und sogar auf Rettungskräfte zu verzeichnen.
- Fälle von Polizeigewalt bzw. Straftaten von Polizisten im Amt werden nicht genannt bzw. werden statistisch nicht erfasst.
- Die Zuwanderer-Kriminalität wird mit einer Zunahme beziffert - Plus 53%. Der Anteil der Zuwanderer-Kriminalität liegt mit einer Anzahl von 174.438 Straftaten gemessen an der Gesamtzahl aller Straftaten (Anzahl: 6.372.526) bei ca. 3%. Der Anteil an der Gesamtkriminalität relativiert das Ergebnis - zumal darunter auch die vielen Fälle an Verstößen gegen das Ausländerrecht fallen
- Verantwortlich für Zuwanderer-Kriminalität seien vor allem Mehrfachtäter aus bestimmten Staaten, die andere Flüchtlinge in Misskredit bringen. Dabei würden zugewanderte Opfer zu 80% Opfer eines zugewanderten Gewalttäters. Intensivtäter verfälschten die Statistik.
- Am Rande nur erwähnt: Die Zunahme von Ausländerstraftaten ist auch den Verstößen gegen Ausländerrecht (Passvergehen, Einreisebestimmungen) geschuldet.
- Ein Missverhältnis wird aufgezeigt: In Sachsen seien 1% der Zuwanderer (Intensivtäter) für 40% der Zuwandererstraftaten verantwortlich.
- Zunahme rechts-motivierter Gewalt ca. um 14%. Die Zahl rechter Gewalt läge auf dem Niveau der links-motivierten Gewalt(!).
- Die Zahlen dazu: Straftaten aus dem politisch rechten Spektrum - Plus ca. 3 % auf 23.550 und Straftaten aus dem politisch linken Spektrum - Minus ca. 2 % auf 9400.
- Überdurchschnittliche Straftaten nach Nationalitäten? Hier holt de Maizière zu einem Rundumschlag aus. Er benennt Balkanstaaten, nordafrikanische Staaten (Marokko, Tunesien, Algerien), post-sowjetische Staaten, wie Georgien und Staaten Afrikas.
Was bedeuten Zahlen über die Kriminalität wirklich?
Als zentrale Aussage kann man feststellen, dass amtliche Statistiken nie neutral sind. Wir sehen das an einer einfachen Sache. Solche Statistiken werden i.d.R. von Politikern, Journalisten und Lobbyisten als Quelle herangezogen. Warum wohl? Sie sind ein Machtinstrument - nicht mehr, nicht weniger. Auch das passiert auf dem Rücken der Geschundenen.
Die PKS redet über Tatverdächtige, die noch keiner Verhandlung, geschweige denn eines Richterspruchs unterlagen. Warum werden ausländische Verdächtige mit möglichen deutschen Tätern verglichen? Fakt ist, dass in der aktuellen aufgeheizten gesellschaftlichen Situation ein Wurf eines Staubkorns gegen einen streunenden Hund durch einen Asylbewerber ausreicht, dass der Ausländer die Anzeige bekommt, der Deutsche aber nicht. Genau diese angezeigte Straftat wird dann in der Statistik erfasst.
Das aktuelle Ausschlachten der PKS durch menschenfeindliche Akteure ist nicht Quelle von Wahn, sondern von Kalkül. Bezeichnend, dass bei gleichartigen Straftaten der Aufschrei bei ausländischen Verdächtigen immer ein Vielfaches größer ist, als bei deutschen.
Auf die Frage “Sind Ausländer hierzulande krimineller als Deutsche?” gibt es zwingend keine erschließende Antwort. Prozente sind Verhältniszahlen, die erstmal keine absolute Aussage darstellen. “Es sei nur besorgniserregend”, äußert Thomas de Maizière - auf die Zuwandererstraftaten bezogen. Jede Straftat ist besorgniserregend. Nur - wird hier Angst mit Kalkül gestreut? Wer liefert mehr Straftaten, die Armen oder die Verdammten?
»Ausländer« - ja, wer/was sind sie? Es sind jedenfalls auch zu großen Teilen Angehörige der östlichen EU-Staaten (Polen, Bulgarien, Rumänien, etc.). Es sind auch Russlanddeutsche oder Türken, die in hoher Zahl in Deutschland integriert sind. Hier machen Straftäter einen gewissen Anteil aus, der nichts zu tun hat mit Asylsuchenden aus kriegsführenden Fluchtländern. Eine Unterscheidung nimmt die Statistik nicht vor.
Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asyl- und das Freizügigkeitsgesetz sind recht hoch. Warum ist das so? Nur - wer die Hölle erlebt hat, wer will da schon zurück - z.B. in ein laut de Maizière sicheres Herkunftsland wie Afghanistan, das von kriegerischen Konflikten nur so strotzt. Viele trifft sogar eine Abschiebung, die schon jahrelang auf dem Weg der Integration in Deutschland waren - die teils schon ein besseres Deutsch sprechen, als manch Besorgter.
Sagen diese Zahlen etwas aus über den Anteil von Straftaten bei Asylbewerbern und Flüchtlingen aus reinen Kriegsgebieten? Sagen sie etwas aus über die massenhafte Ausbeutung von Osteuropäern bei Billigjobs zu Sklavenbedingungen bei deutschen Unternehmen? Sagen sie etwas aus zu menschenunwürdigsten Bedingungen von Sinti und Roma in ihren Ursprungsländern?
Sagen diese Zahlen etwas aus über die Lage des geschundenen Kontinents Afrika, auf dessen Rücken und Ressourcen der Westen seinen Wohlstand begründete?
Sagen sie etwas aus über die Perspektiven und Probleme zur Integration von Migranten in unserer Gesellschaft? Sagen sie etwas darüber aus, welche Konflikte Flüchtende auch untereinander unter vielen Nationalitäten und Religionen oft auf engstem Raum ausleben müssen? Sagen sie etwas aus über viel zu geringe Ressourcen bei Polizei und Judikative hierzulande? Sagen sie etwas aus über Tendenzen einer Geschichtswiederholung oder von institutionellem Extremismus oder auch Hasszustände in unserem Lande? Sagen sie etwas aus über das Vermögen unserer Medien, mit diesen Zahlen umzugehen - sie im Kontext journalistisch verantwortungsbewusst darzustellen?
Die Schwere von Taten spielt in Vergleichen und der statistischen Auswertung kaum eine Rolle.
Dabei würde eine Betrachtung der Tatschwere ggf. völlig andere Gewichtungen erzeugen - insbesondere beim Vergleich rechts- oder links-motivierter Gewalt. Die Zahlen unterscheiden in der Schwere nicht. Die z.B. als rechtsterroristisch einzustufenden Brandanschläge scheinen als triviale Zahl gleichrangig zu den vielen als legitimen Widerstand anzusehenden Sitzblockaden bei Demos gegen Rechts, den vielen bestraften Protestlern gegen polizeiliche Maßnahmen bei G20 oder bei Friedensprotesten in Ramstein, Büchel und anderswo gegen Rüstung, Kriege und Atomwaffen.
Jeder von der Polizei Weggetragene, der gegen Rechts, Elend oder für Frieden eintrat, hat vorgeblich eine Straftat begangen, obwohl er i.d.R. nur höchste Zivilcourage an den Tag legte.
Vergessen wir nicht die Situation der vielen Asylbewerber. Sie sitzen über Jahre regelrecht fest in einer Art Massenunterbringung ohne Raum für Perspektive oder Privatsphäre. Sie sitzen fest und warten jahrelang auf Bescheide - oft (solange Genehmigungen fehlen) ohne Möglichkeit aktiver Migration und des Lernens. Das zehrt gewaltig auch an den zwischenmenschlichen Beziehungen in den Massenunterkünften. Es zehrt gerade bei der jüngsten Generation an den Grundlagen ihrer Zukunft,
Gleichzeitig wird uns bei der Präsentation wieder die Mär vom Terrorismus untergeschoben, um die seit 09/11 weltweit ausgerufenen Massenüberwachung auch hierzulande zu begründen. Der wirkliche Grund der Massenüberwachung wird mit den Kriminalitäts-Zahlen hilfreich verschleiert, wie so manch Anderes auch.
Was heißt das?
Wenn wir uns die regionale Verteilung gewisser Straftaten anschauen, erkennen wir, dass dort die Rechtsextremisten am lautesten Stöhnen, wo der geringste Ausländeranteil gegeben ist. Woran liegt das wohl?
Zahlen sagen erst mal wenig aus über eine grundsätzliche Sache - höchstens denen, die daraus mit aller Macht schließen wollen. Schaut in die nationalsozialistische Szene, inklusive ihrer Schutzstaffel genannten Bürgerwehren - was da gerade jetzt in sozialen Medien abgeht nach den jüngsten Zahlen de Maizières - nach Zahlen, die rein gar nichts darüber aussagen, was die Migrationspolitik hierzulande versäumt hat, was für ein Elend dahintersteht und was ursächlich die Kriege dieser Welt hervorriefen.
Die Stoßrichtung »Ausländer« und der Schwachen wird in solchen Präsentationen nicht behauptet. Sie wird »nur« lanciert und die braune Horde schluckt den Köder.
Natürlich - die Welt braucht Zahlen. Wir brauchen Statistiken, um Trends zu erkennen. Wir brauchen die PKS - nur bitte im Kontext(!). Die Zahlen sind was ganz Wertvolles, mit dem man aber auch ganz sorgsam umgehen muss. Statistiken liefern keine Rezepte zur Widerspiegelung (Interpretation) und schon Nichts zum Handeln. Arme und Entrechtete der Welt haben unter der pauschal verurteilenden Statistik zu leiden. Sie sind wieder die Opfer. Wie immer, wenn rechtsextreme Propagandisten der AfD oder »Elitären« ins Feld rücken.
Derweil liefert Deutschland weiter Waffen in Krisenregionen und in die Türkei. Derweil machen sich deutsche Kriegsschiffe auf den Weg in den Pazifik. Derweil stürzt der Westen Syrien, den Nahen Osten, den Mittelmeerraum und Afrika weiter ins Chaos … doch das ist ein anderes Thema. Dort geht es nur um die Ursachen der Massenfluchten der Welt. Das hat nichts mit Kriminalität zu tun - höchstens mit unbegrenzter Profitgier …
Was schließen Andere daraus?
Sie werden mit Zahlen erschlagen, aber nicht mit dem, was die Politik bezüglich Migration und Friedensstiftung dabei versäumt. Zahlen besitzen gelegentlich eine Macht - wenn man sie losgelöst betrachtet. Diese Macht kosten jetzt Nationalisten und Nationalsozialisten aus.
Zahlen scheinen ihnen verständlicher, weil man sich nicht alles merken muss, sondern nur paar Eckdaten wie »50«, »60«, »70«, »88« - das prägt sich ein.
Vollständige Zahlen sind eigentlich verständlich in ihrer Entwicklung und im Zusammenhang. Nur - das erfordert Denken und das ist nicht Jedermanns Sache. Manch Führer der Neu-Rechte handelt aber sehr wohl im besten »Goeckel-Stil«. Er forciert auf der Grundlage zusammenhangloser Zahlen eine psychologische Manipulation des Geistes mittels brandschatzenden Rechtspopulismus.
Die aktuelle massive Widerspiegelung der PKS - wo man auch nur hinschaut, Zahlen durcheinander werfend, ohne Berücksichtigung der Soziallage von angezeigten Verdächtigen - ist so unglaublich weit in eine Schieflage geraten, dass man sich fragt, wozu die PKS da ist.
Die Daten tun aber genau das, was z.B. eine rechtsextremistisch orientierte bzw. geführte Bürgerwehr in Gerstungen von Anfang an tat. In populistischen Reden zur Bevölkerung wird die Kriminalität von Nichtdeutschen immer mit dem Migrationshintergrund vermuteter (gesuchter?) Täter verbunden und damit zum Zuwanderungsproblem erkoren, das bei der Neu-Rechte jeden Rassismus, jede Menschenfeindlichkeit und jede Form von Ausgrenzung begründet.
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