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1943-03-22 @ Chatyn in Belarus
Geschichte Port Woling - Am 22. März 1943 geschah das Unfassbare in Chatyn in Belarus. Der Ort steht heute als Mahnmal für die vielen Verbrechen des deutschen Faschismus auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion. Eine deutsche Friedensdelegation hat sich dieser Geschichte gewidmet und den Ort an einem 22. März besucht.
Gedenken an Chatyn in Belarus
Aktualisiert: 23.04.2023
Außenpolitische Mission
Ich - ein → Friedenssoldat für immer - berichte hier von meiner Reise mit Freunden und Friedensfreunden sowie ihrer wunderbaren gemeinsamen Erfahrung im März 2023 in Belarus.
Eine Gruppe von etwa 50 Deutschen sowie Unterstützern aus Luxemburg, Österreich und der Schweiz war im März 2023 in Belarus unterwegs als Botschafter auf einer Friedensmission. Die Freunde handelten als Friedensbotschafter auf außenpolitischer Mission. Sie handelten in einer nicht trivialen Angelegenheit unter den Augen der Regierung, Öffentlichkeit und den Medien von Belarus.
Zu unserer Belarus-Mission habe ich ausführlichere Informationen, bzw. einen Gesamtbericht veröffentlicht unter meinem Beitrag → »Friedensmission in Belarus«.
In dem hier vorliegenden Beitrag geht es um ein Gedenken und die Ereignisse vor 80 Jahren in Chatyn.
Gedenken und Verpflichtung
Wir waren in Chatyn - 60 Kilometer nördlich von Minsk. Die Stätte ist nur noch ein Mahnmal - dort, wo einst ein Dorf stand. Am 22. März 2023 fand hier eine offizielle Gedenkfeier zum genozidalen Massenmord in Belarus im 2. Weltkrieg statt.
Über 5.000 belarussische Dörfer wurden mindestens durch faschistische Schurkenhand zerstört. Neueste Untersuchungen (nach der Öffnung russischer Archive) deuten auf über 10.900 zerstörter Orte aus(!). Die Gruppe zu unserer Friedensmission “Belarus 2023” besuchte solche Orten des Grauens und Gedenkens, wie Chatyn, → Brest oder → Dremlevo. Jeder 3. Einwohner von Belarus kam durch den deutschen Vernichtungsfeldzug nach dem → Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 um’s Leben. Die Verbrechen begannen im Rahmen des faschistischen Unternehmens Barbarossa (22.06. bis 05.12.1941, Plan zur Eröffnung des Angriffs- und Vernichtungsfeldzuges der deutschen Wehrmacht in der Sowjetunion).
Wie konnte es passieren? Kann es sich wiederholen? Ja - es kann wieder passieren! … wenn wir den Anfängen nicht wehren.
In der damaligen Sowjetunion marschierten nicht einfach “Menschen” ein, die von der Stelle weg industriell mordeten. Nein - das Ganze hat eine lange Vorgeschichte. Die Mörder der Vernichtungsaktionen wurden zu den Monstern gemacht, die sie waren. “Realitätsferne und Gedankenlosigkeit (von ‘Untertanen’) können im Laufe einer steten Entwicklung mehr Unheil anrichten, als alle die dem Menschen innewohnenden bösen Triebe zusammengenommen (Quelle: Hannah Arendt, Prozessbericht „Eichmann in Jerusalem“, Eichmann-Prozess, 1961). Heute gilt es diesen Anfängen wieder zu wehren - wir haben de-facto allen aktuellen Anlass dafür. Ja - die Anfänge sind bereits überschritten.
Chatyn
Im Jahr 1943 hatten das Schutzmannschafts-Bataillon 118 und das SS-Sonderbataillon »Dirlewanger« das Dorf überfallen und in einer ‘Vergeltungsaktion’ vollständig niedergebrannt.
Das Schutzmannschafts-Bataillon 118 war eine in Kiew aus deutschen Polizisten und ukrainischen Kollaborateuren (Bandera-Nationalisten) zusammengestellte Polizeieinheit von 500 Mann. Das SS-Sonderbataillon »Dirlewanger«, benannt nach ihrem Kommandeur Oskar Dirlewanger, war ein 1940 zusammengestellter Verband aus Wilddieben, ehemaligen (kriminellen) KZ-Häftlingen und Helfern aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion (Quellen benannt am Ende dieses Beitrags). Männer dieser Sonderbataillone vernichteten ganze Dörfer mitsamt ihrer Bewohner.
Die Mörder richteten auch in Chatyn unter den Bewohnern ein unglaubliches Massaker an. Die Einwohner wurden systematisch und bestialisch getötet. Diese Tat sollte der Partisanenbekämpfung durch Abschreckung dienen. Vorangegangen war eine Partisanenaktion, bei der der der Truppführer des Schutzmannschafts-Bataillon 118 getötet wurde.
Fast alle Dorfbewohner starben. Die Faschisten ermordeten ungefähr 145 Menschen. Erwachsene und Kinder verbrannten in einer Scheune. Weitere Kinder wurde in Brunnen geworfen - um Munition zu sparen. Unter den Opfern waren etwa 76 Kinder. Die SS-Leute feuerten mit Gewehren auf Diejenigen, die versuchten den Flammen zu entkommen. Nur der Schmied Josif Kaminskij, sowie drei Kinder überlebten das Massaker.
Die Gedenkstätte
Eine etwa 30 ha große Fläche der Gedenkstätte befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Dorfes. Betonbalken und Schornsteine symbolisieren die Umrisse der ehemaligen 26 Häuser des Dorfes. Auf Tafeln stehen die Anzahl und das Alter der Opfer der Häsuser. Weiterhin befindet sich eine aus Beton stilisierte Scheune auf dem Gelände, sowie ein Brunnen.
Im Zentrum der Gedenkstätte steht eine sechs Meter hohe Bronzeplastik, die den Überlebenden Josif Kaminskij darstellt, der in seinen Armen seinen toten Sohn trägt. Auf einer Betonstele, steht ein Appell an die »Nachgeborenen«.
Auf einen »Friedhof der Dörfer« stehen 185 Betonblöcke, die die Namen von 185 weißrussischen Dörfern tragen, die niedergebrannt und nicht wiederaufgebaut wurden. Auf »Symbolischen Bäumen des Lebens« stehen die Namen von 433 weißrussischen Dörfern, die abgebrannt, jedoch wieder aufgebaut wurden. Eine große »Andenkenwand« aus Beton nennt weitere über 260 Vernichtungsstätten und Zwangslager auf weißrussischem Boden.
Ein zentrales Element der Gedenkstätte ist die ewige Flamme, die daran erinnert, dass jeder dritte Einwohner Weißrusslands Opfer des Zweiten Weltkrieges wurde. In regelmäßigen Abständen läuten auf dem Gelände Glocken. Heute ist die Anlage eine der wichtigsten Gedenkstätten von Weißrussland und zentrale Gedenkstätte für alle vernichteten Ortschaften.
Name: Государственный мемориальный комплекс Хатынь
Adresse: 223150 Логойский р-н, Минская обл., Беларусь
Telefon: +375 (80)177 455 787
Web: http://www.khatyn.by
E-Mail: khatyn@mail.ru
Öffnungszeiten: Die Gedenkstätte ist durchgängig geöffnet.
Ausstellung: Dienstag bis Sonntag: 9.00 bis 17.00
Die Gedenkveranstaltung zum 80. Gedenken
Antifaschismus an den Orten der aller größten Verbrechen zu demonstrieren - gibt es Größeres und bessere Orte zum Bekenntnisse? Ist es nicht Pflicht eines Jeden, angesichts von erneutem Kriegstreiben, → Militarismus, Revanchismus und nazistischer Anfänge im Land der Täter, zu zeigen, dass es noch ein anderes Deutschland gibt?
Kann man mehr Glaubwürdigkeit demonstrieren, als sich unter den Augen der Nachkommen der Opfer tief zu verneigen?
Wir haben es gewagt, während deutsche Offizielle versagten. Wir haben am 22. März 2023 zum 80. Jahrestages der Tragödie von Chatyn den Menschen von Belarus in Chatyn ein anderes Deutschland gezeigt. Die Enkel der Mörder traten vor die Enkel der Opfer. Deutsche, kriegstreibende Regierungsvertreter sowie Vertreter deutscher Leitmedien waren zu diesem Ereignis und Gedenken des 80. Jahrestages des grauenvollen Ereignisses nicht vertreten.
Zur zentralen Gedenkveranstaltung möchte ich an dieser Stelle nur noch die von mir erstellten Fotos sprechen lassen (siehe unten im Beitrag).
Zur Veranstaltung wurde ein neues Museum auf dem Gelände der Gedenkstätte eröffnet. Das ukrainische TV berichtete über Chatyn am 22.03.23 - ONT (Sendungszusammenschnitt aus dem weißrussischen Fernsehen, in Deutsch synchronisiert und geschnitten von Silke Volgmann - siehe folgendes Video). Wer diesen Beitrag sieht, der weiß mehr über die Geschichte. Der will nie wieder Krieg in Richtung Belarus, Russland … ДРУЖБА heißt FREUNDSCHAFT. Bitte Teilen, Posten, Weitersagen. Um des Friedens Willen❗️
Weitere Sender des Belarus-TV berichteten gleichfalls vom Ereignis. Im folgenden Video kommen auch Mitreisende unserer Gruppe zu Wort.
Unsere Reise wurde in Belarus sehr genau wahrgenommen! Owe Schattauer, Kayvan Soufi-Siavash (alias Ken Jebsen), Sascha Gottwald, Dirk Pohlmann, Oliver Schneemann und alle anderen Belarus-Reisende unserer Gruppe - wir waren in einem Land unterwegs, in dem 1/3 aller Einwohner im 2. Weltkrieg von Deutschland planmäßig umgebracht wurden. Wir waren in Chatyn an der Stätte des Grauens und haben uns vor den Opfern tief sowie unter Tränen verneigt. Die weißrussische Seele empfing uns in Freundschaft. Die Teilnehmer der Belarus-Mission sind Antifaschisten mit einer Wahrhaftigkeit, die größer nicht sein kann. Sie leben an diesem Ort Antifaschismus. Unser Besuch am 22. März 2023 zum 80. Jahrestages der Tragödie von Chatyn wird unvergessen bleiben. Wenn schon nicht die deutsche Regierung anwesend war, so vertraten wir das andere/bessere Deutschland an diesem Ort. Wir traten dort vor die Menschen von Belarus. Freunde - vielen Dank für Euren Mut, Eure Öffentlichkeit und Menschlichkeit. Wir lassen uns durch die vom Westen neu gezogene Nahtlinie nicht aufhalten.
Euer FRIEDENSSOLDAT FÜR IMMER
Quellen
- Memorialmuseum → Chatyn
- Khatyn → State Memorial Complex
- Yesbelarus.com → Gedenkstätte Chatyn
Weitere Einzelberichte zu Stätten, die wir in Belarus besuchten
- Dremlevo → 11.09.1942 @ Dremlevo in Belarus
- Festung Brest → 22.06.1941 - Festung Brest
- Minsk - Gesamtbericht zur → Friedensmission in Belarus
Presse - Беларускi Час
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