2014-08 @ Dialog statt Krieg

Zeitzeichen Port Woling - Mathias Priebe - Autor, Journalist, Publizist, Berater - schreibt in seinem Blog → “Die Priebschow”, die Zeit für Anführer sei vorbei. Es müsse Schluss sein mit dem Egotrip! Er bringt eine deutliche Warnung zum bevorstehendem Weltfriedenstag.


Sucht den Dialog, statt den Feind

Mathi­as Prie­be - ich rede nicht gern in Kli­schees - trotz­dem, Dei­ne Wor­te haben mich gewal­tig bewegt.Ich ken­ne eben­falls die­se grau­sa­men, schlaf­lo­sen Näch­te, in denen mein Gehirn gemar­tert wird. Gemar­tert von Gedan­ken über das The­ma Demo­kra­tie und Frie­den. Gemar­tert vom Erfah­re­nen aus vie­len Wer­ken der Phi­lo­so­phie und Geschich­te. Gemar­tert vom Suchen nach Wegen aus dem euro­päi­schen und glo­ba­len Dilem­ma von ver­blen­de­ten Mas­sen, die macht­los der extre­mis­ti­schen media­len, reli­giö­sen, poli­ti­schen und staat­lich orga­ni­sier­ten Gewalt unter­lie­gen. Gemar­tert von der rea­len Gefahr eines neu­en glo­ba­len Flä­chen­bran­des, der - lei­der kann ich es ganz real nicht anders wer­ten - wie­der mal auch von deut­schen Poli­ti­kern aller Par­tei­en bzw. der → poli­ti­schen Klas­se kriegs­trei­be­risch mit orga­ni­siert wird. Zeit wird es für Deine/solche Gedan­ken. Ich war trotz­dem erstaunt, über diese/Deine neu­en Gedan­ken in einer auch sich mir stel­len­den Grund­fra­ge: Was nützt unser, Dein, Ande­rer oder auch mein per­sön­li­ches Engagement?

Stell Dir vor: Was ist es wert? Ändert sich etwas?

Mathi­as Prie­be - Dei­ne Gedan­ken bedeu­ten einen Schlüs­sel - für ein Tor in Rich­tung einer neu­en Welt mit neu­er Vor­ge­hens­wei­se - um viel­leicht über­haupt noch in der Lage zu sein, das Unheil­vol­le, das Maß­lo­se, eine ver­hee­ren­de glo­ba­le Destruk­ti­on zu ver­hin­dern. “Den eige­nen Ego­is­mus in Fra­ge stel­len” - ich glau­be, Dich zu ver­ste­hen. Für mich steckt da aber auch noch mehr dahin­ter. Ego­is­mus oder die Stei­ge­rungs­form, die maß­lo­se Ego­zen­trik - ein Über­bleib­sel tie­ri­scher Instink­te, im Über­le­bens­kampf die Ober­hand zu gewin­nen und zu behal­ten - basiert auf dem unheil­vol­len Macht­stre­ben des Men­schen. Auch ich hat­te mal sol­che Macht in den Hän­den - heu­te leh­ne ich das auch bei mir selbst in jeder Form ab. Men­schen wol­len sich ent­wi­ckeln - per­sön­lich, gesell­schaft­lich, tech­no­lo­gisch, etc.. Sie ver­bin­den die­ses Stre­ben aber lei­der all­zu oft - auf­grund die­ser tie­ri­schen Instink­te - mit den eige­nen, per­sön­li­chen Inter­es­sen und nicht den Inter­es­sen der Gemein­schaft. Lei­der sind wir da noch nicht oder nicht weit dem Tier­reich ent­stie­gen. Es liegt also in der Natur der Sache, dass Men­schen, die in irgend­ei­ner Par­tei, Reli­gi­on oder sons­ti­gen Bewe­gung sich eine gewis­se Stel­lung erar­bei­tet, erkämpft oder erschli­chen haben, die­se Stel­lung im Inter­es­se ihrer Macht aus­bau­en und zuneh­mend miss­brau­chen werden.

Der Macht­in­ha­ber - egal auf wel­cher Ebe­ne - hat einen Hor­ror vor der Abwe­sen­heit dieser/seiner Macht, wie der Aktio­när vor der Pro­fit­lo­sig­keit. Das Gan­ze gestal­tet sich dyna­misch. In einer Anleh­nung an ein Zitat von P. J. Dun­ning (1860), das Karl Marx in einer Fuß­no­te im „Kapi­tal“ zur Cha­rak­te­ri­sie­rung des Pro­fits bekannt mach­te, möch­te ich das ver­an­schau­li­chen. Mit einem ent­spre­chen­den Mehr an Macht wird der Macht­in­ha­ber kühn. Zehn Pro­zent mehr Macht und er wird die Macht über­all anwen­den; 20 Pro­zent mehr Macht und er wird noch leb­haf­ter; 50 Pro­zent mehr Macht und er wird wag­hal­sig; für 100 Pro­zent mehr an Macht stampft der Mäch­ti­ge alle mensch­li­chen Geset­ze unter sei­nen Fuß - er ver­gisst sei­ne grund­sätz­li­che Rol­le gegen­über sei­ner Basis oder dem Sou­ve­rän; 300 Pro­zent mehr an Macht und es exis­tiert kein Ver­bre­chen, das der Mäch­ti­ge nicht ris­kiert, selbst auf die Gefahr des eige­nen Untergangs.

Wir spre­chen hier über ein Gesetz - ich mei­ne ein Natur­ge­setz. Eine gege­be­ne Qua­li­tät wird immer bestrebt sein, durch wach­sen­de Quan­ti­tät irgend­wann sprung­haft eine neue Qua­li­tät her­bei­zu­füh­ren. Es gilt aus­nahms­los für Jeden die­ser Per­so­nen in den Füh­rungs­rie­gen - egal, ob sie Hanf auf ihrem Bal­kon anbau­en oder nicht - egal, ob sie in Legis­la­ti­ve, Exe­ku­ti­ve oder Judi­ka­ti­ve sit­zen - egal, in wel­che Schich­ten oder Ebe­nen sie sich bewe­gen. Nie­mand kann sich da aus­neh­men. Wer dem ver­sucht zu ent­flie­hen, wird von der Macht sei­nes Nächs­ten übertrumpft.

Was mei­ne ich damit: Das Grund­übel aller gesell­schaft­li­chen Ver­ge­hen ist das Maß oder auch Über­maß an Macht. Letzt­lich zeigt sich hier die ver­nich­ten­de Schwä­che und Unvoll­kom­men­heit der real exis­tie­ren­den Demo­kra­tie. Letzt­lich mün­det das Gan­ze in einem Staats­extre­mis­mus gegen­über dem eige­nen Volk. » Was tun? Was wäre zu tun gegen auf­stre­ben­den Tota­li­ta­ris­mus und damit ver­bun­de­ne Kriegs­ge­fah­ren? Ich sehe als neu­tra­li­sie­ren­de “Gegen­macht” eigent­lich nur Dei­nen o. g. Schlüs­sel, ego­is­ti­sches Han­deln und Aus­wüch­se abzu­le­gen. Das pas­siert mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit aber nicht frei­wil­lig. Bei Allem, Allen und Jedem, das oder der in Ver­ant­wor­tung steht, egal wie sie hei­ßen, ob Gre­gor, Bun­des­tag oder …, gilt es, Ego­is­mus und Macht von unten, von unten nach oben, von der Basis her­aus letzt­lich zu ent­flech­ten, zu dezen­tra­li­sie­ren, zu plu­ra­li­sie­ren und mehr denn je auf vie­le Schul­tern zu ver­tei­len. Ich erin­ne­re an hier­zu­lan­de und in Euro­pa zwin­gend not­wen­di­ge neue Instru­men­te der Basis­de­mo­kra­tie. Die­se neue not­wen­di­ge Basis­de­mo­kra­tie bzw. Demo­kra­tie­form beschrei­be ich mit dem Begriff Vox­Po­pu­li. Wir kön­nen sie nur in einer auf­stre­ben­den Neu­en Moder­ne schaf­fen. Dazu müs­sen wir vie­le Leucht­tür­me in einer unwirt­li­chen Land­schaft schaf­fen - ein Meer an Leucht­tür­men, an dem sich alle Men­schen ori­en­tie­ren - ein Meer an Leucht­tür­men, das die heu­ti­ge ent­frem­den­de, mani­pu­la­ti­ve media­le Land­schaft end­lich überragt.

Mathi­as Prie­be - viel­leicht irre ich mich, aber ich per­sön­lich mache bei Dir etwas Rat­lo­sig­keit aus, die ich bei mir auch immer wie­der ent­de­cke und dage­gen ver­su­che anzu­kämp­fen. Dabei beein­druckt mich - gera­de in die­ser Situa­ti­on ver­suchst Du noch, Ande­re auf­zu­rüt­teln. Ich will Dir sagen. Mach’ trotz­dem wei­ter mit Dei­nen Gedan­ken und Dei­ner Mensch­lich­keit. Wach­se wei­ter an dem Erfah­re­nen. Orga­ni­sie­re vie­le dezen­tra­le Leucht­tür­me. Beob­ach­te jede Nie­der­la­ge - auch die eige­ne. Nie­der­la­gen haben einen hohen Wert - wenn wir dar­aus ler­nen. Sei wei­ter neu­gie­rig auf Ande­res und Ande­re - auch ande­re Sich­ten und Anders­den­ken­de. Die Neu­gier­de ist unser Weg­wei­ser im Dschun­gel des Unwis­sens. Die Gesell­schaft brennt und Nie­mand will den Feu­er­lö­scher auf­neh­men. Tun wir es! Blei­ben wir im Gespräch, statt im Krieg. Suchen wir das Gespräch, den Dia­log, statt den Feind im Visier.

Stell Dir vor - Ja, die Zeit ist für Anfüh­rer vor­bei. Soll­te sich die Welt nicht dar­auf ver­stän­di­gen kön­nen, ste­hen wir unmit­tel­bar vor glo­ba­ler Ver­nich­tung des heu­ti­gen zivi­li­sier­ten Zeit­al­ters, wie wir es kennen.

Ich per­sön­lich hof­fe, dass der nächs­te Welt­frie­dens­tag nicht der letz­te ist, an dem sich die Mas­sen erfreu­en dür­fen. Hof­fent­lich ist es einer der ers­ten, an dem wir viel mehr Men­schen in einer fried­li­chen Welt errei­chen - errei­chen durch eine auf­stre­ben­de neue Kul­tur des Ego­is­mus-Able­gens, eine neue Kul­tur des Tei­lens, eine neue Kul­tur des effi­zi­en­ten Auf­klä­rens, eine neue Kul­tur dezen­tra­ler Struk­tu­ren und Res­sour­cen, eine neue Kul­tur des Ver­netzt­seins unbe­ein­flusst von der prak­ti­zier­ten Mas­sen­aus­spä­hung durch die » Glo­ba­le STASI. Nur - wir dür­fen das Pro­blem nicht nur auf den Ego­is­mus der Men­schen beschränken.

Stell Dir vor: Die Macht ist nicht mit, son­dern dro­hend über uns. Neue Instru­men­te müs­sen her zur Beschrän­kung und Ver­hin­de­rung des Miss­brauchs die­ser Macht.

Ein Mit­strei­ter

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