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1943-05-20 @ Belarus - Operation Cottbus
Geschichte Port Woling - Über ein Strafunternehmen, als Teil eines unvorstellbaren, organisierten Massenmords, an einem Ort der Tragödie
Unternehmen Cottbus
Das Strafunternehmen
Das Nachrichtenportal BELTA aus Belarus berichtet: “Cottbus ist eine typische Kleinstadt im Osten Deutschlands, in der heute etwa 100.000 Menschen leben. Besonders auffällig ist sie nicht, nur ihr Name klingt für das slawische Ohr wie ein Schuss, bedrohlich und beängstigend. Diesen Namen trug eine Operation der SS und Wehrmacht, die im Mai/Juni 1943 im deutsch besetzten Belarus durchgeführt wurde. Die Aktion richtete sich ursprünglich gegen die sowjetischen Partisanen, kostete aber auch Tausende Zivilisten das Leben. Das deutsche Kommando plante, die Operation innerhalb von 10 Tagen durchzuführen, doch das Morden dauerte fast anderthalb Monate - die bis an die Zähne bewaffneten SS-Schergen erschossen, metzelten und verbrannten bei lebendigem Leib Frauen, Kinder und Alte, deren einzige Schuld war, dass ihre Dörfer in der Partisanenzone Borissow-Begoml lagen” (Quelle: BELTA Gesellschaft, Blutige Operation Cottbus, » PDF-Dok., 23.10.2023).
Das sogenannte “Unternehmen Cottbus” war ein Strafunternehmen bzw. eine Anti-Partisanen-Operation während der Besetzung von Belarus, einer Teilrepublik der Sowjetunion, durch das faschistische Deutschland.
Die Operation fand statt vom 20. Mai bis 21. Juni 1943. Es geschah während des zweiten Weltkriegs und der Besetzung von Nord-Belarus in der Region Begoml, Lepel und Ushachy. Eine Reihe von weißrussischen, lettischen, litauischen und ukrainischen Einheiten aus Kollaborateuren nahmen an der Operation teil, zusammen mit der SS-Sondereinheit, dem SS-Sonder-Bataillon Dirlewanger.
Das SS-Sonder-Bataillon war für seine ganz besondere Skrupellosigkeit, Unbarmherzigkeit und Brutalität bekannt. Der deutsche → Faschismus hatte nach vollzogenen Anfängen später nie für möglich Gehaltenes, Entsetzliches hervorgebracht. Seine grausamsten Taten gingen selbst manchem gestandenen SS-Mann zu weit. Die Einheit bestand zum Großteil aus verurteilten Straftätern. Ihr Chef Oskar Dirlewanger war Alkoholiker, ein notorischer Trinker, Betrüger, verurteilter Kinderschänder und einer der ersten Mitglieder der rechtsradikalen NSDAP. Hitlers Lieblingsbarbar während des Zweiten Weltkriegs war in Polen, Belarus, der Ukraine und Russland für eine Unzahl von Kriegsverbrechen verantwortlich. Von den unvorstellbaren Verbrechen seiner Einheit berichtet die Dokumentation “Die grausamen Massaker von Oskar Dirlewanger”.
Deklariertes Ziel der Operation Cottbus war es, das Gebiet von Partisanen zu säubern. Als Teil des Unternehmens wurden zahlreiche Dörfer entvölkert und niedergebrannt. Im Ergebnis der Operation wurden über 9.800 Menschen getötet. Andere Schätzungen gehen von bis zu 15.000 Toten aus, während die Einsatzgruppe Dirlewanger selbst 14.000 Tote meldete. Da an der Operation auch zwei weitere Kampfgruppen regulärer Truppen mit Panzern, Fliegern und Artillerie teilnahmen, wird schätzungsweise von insgesamt mindestens 20.000 Toten ausgegangen. Die Mehrheit der Getöteten zu der Anti-Partisanen-Operation waren unbewaffnete Zivilisten. Dirlewanger erarbeitete sich einen Ruf als Zerstörer vieler Menschenleben (Quelle: DBpedia).
20.000 Ermordete durch 1 Sonderbataillon verstärkt mit regulären Truppen!
Schuneuka - der Gedenkkomplex Chatyn berichtet
Die offizielle Website “Chatyn - Staatlicher Gedenkkomplex” berichtet von etwa 700 Dörfer in Belarus, die vollständig ausgelöscht wurden. Schuneuka(russ. Шунеўка) im Rajon Dokshitsy, Gebiet Witebsk, war ein Ort davon. Man wird ihn nicht mehr auf einer Karte von Belarus finden. Der Ort wurde im Rahmen des Unternehmens Cottbus ausgelöscht.
Im Mai-Juni 1943 führte das deutsche Kommando in der Region Dokshitsy die Strafoperation „Cottbus“ durch. 99 Dörfer wurden dabei niedergebrannt und 20.000 Menschen getötet. Drei Dörfer – Schuneuka, Azartsy und Zolotukhi – wurden zusammen mit allen ihren Bewohnern niedergebrannt.
Am 22. Mai 1943 drangen Strafkräfte in das Dorf Schuneuka ein und töteten kaltblütig 66 Zivilisten, darunter 15 Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren. Die Faschisten verbrannten die erwachsene Bevölkerung in einer Scheune. Die Henker warfen alle kleinen Kinder lebendig in einen Brunnen.
Dass Kinder in Brunnen geworfen wurden, vernahm ich schon von verschiedenen Orten der größten Verbrechen in Belarus, der Ukraine und Russland. Dieses Vorgehen war bei solchen Aktionen üblich, um Munition zu sparen. An dem Tag des Massakers wurden im Dorf Schuneuka 22 Wohngebäude, 5 Nichtwohngebäude und 5 Nebengebäude niedergebrannt. Bewohner der umliegenden Dörfer sahen und hörten, wie Schuneuka brannte. Nach dem Krieg wurde das Dorf Schuneuka nie wieder aufgebaut.
Am 3. Juli 1983 wurde am Ort der Tragödie eine Gedenkstätte eröffnet. Sie liegt wenige Kilometer von Begoml entfernt an der Autobahn Begoml-Dokshytsy. Entlang der Hauptstraße des Ortes wurden symbolisch Steinfundamente anstelle verbrannter Häuser errichtet. Auf den Bronzeflammen sind die Namen der Bewohner angegeben.
In der Mitte des Komplexes, befindet sich an einem Tor die Figur einer Mutter, die verzweifelt ihre Hände zum Himmel erhebt. Die Höhe der Skulptur beträgt 4,75 m. Am Tor befinden sich drei Glocken, von denen eine gespalten ist – als Symbol dafür, dass während des Großen Vaterländischen Krieges 1941–1945 jeder dritte Einwohner im Bezirk Dokshytsy (wie auch in ganz Belarus) starb. Das Läuten der Glocken ist weithin zu hören.
Auf einer Marmorplatte sind die Namen aller verstorbenen Bewohner von Schuneuka eingraviert. Auf der linken Seite stehen die Worte:
„Gedenken wir Allen beim Namen, erinnern wir uns mit unserer Trauer … Es sind nicht die Toten, die das brauchen, sondern die Lebenden, die es benötigen!“ … benötigen die Erinnerung …
Unweit des zentralen Denkmals befindet sich ein Betonbrunnenrahmen. Hier befand sich ein Dorfbrunnen, in den die faschistischen Henker alle kleinen Kinder zusammen mit dem Lehrer lebendig reinwarfen. Auf dem Blockhaus befindet sich ein durchbohrter Bronzedrachen mit den Namen und dem Alter der Kinder, als Symbol für das verkürzte Leben der Kinder. Auf dem Stein neben dem Brunnen befindet sich eine Inschrift: „Die faschistischen Monster haben die Kinder des Dorfes Schuneuka lebendig in diesen Brunnen geworfen.“ Auf einer der beiden vertikalen Granitplatten befindet sich eine Inschrift mit der Aufschrift:
Sie liebten das Leben, verbrannten aber in den Flammen des Krieges durch die Hände faschistischer Henker. Menschen, seid wachsam, kümmert euch um die Welt!
Auf der zweiten Tafel sind die Zahl der toten Bewohner und eine Liste von 97 Dörfern der Region Dokshytsy angegeben, die von den Faschisten niedergebrannt wurden, darunter die im Unternehmen Cottbus ausgelöschten Dörfer. Die Autoren des komplexen Projekts sind der Volkskünstler von Belarus A.A. Anikeichik und die Architekten Y.M. Gradov und L.M. Levin.
Teil des Unternehmens Barbarossa
Der deutsche Anti-Partisanen-Krieg in Belarus war eine verbrecherische Aktion gegen die Aufständischen, die sich gegen die Besatzer zur Wehr setzten. Er war gleichzeitig ein Genozid, ein Teil des deutschen Massenmordprogramms während des »Unternehmens Barbarossa« (Tarnname für den deutschen Überfall auf die Sowjetunion).
Das Unternehmen Barbarossa war erstmalig ein Krieg - und das ist das Besondere - der mit einem systematischen, staatlich organisierten Massenmord zur Durchsetzung einer perfiden Ideologie und ökonomischer Interessen einherging. Die Umsetzung der mörderischen Ideologie Hitlers unterlag in dem nazistischen Regime einem Generalplan zum systematischen Genozid und größten Massenmord der Menschheitsgeschichte.
Und tatsächlich - wie die Geschichte es zeigt - wurde Dorf um Dorf samt Einwohnern ausradiert.
Durch dieses systematische Vorgehen unterschied sich die Gewalt und Grausamkeit der deutschen Wehrmacht, von Sondereinheiten sowie diverser Einheiten einheimischer Kollaborateure fundamental von der Gewalt oder auch Kriegsverbrechen anderer Kriege.
Hitler plante und propagierte diesen Feldzug gegen die Sowjetunion bewusst als Vernichtungskrieg. Den Begehrlichkeiten des deutschen → Militarismus folgend, mussten fremde Ressourcen und Lebensraum her. Der Plan zur Vernichtung wurde ideologisch und staatlich, administrativ untermauert sowie zielgerichtet vorbereitet. Die Ideologie von der “Ausrottung des jüdischen Bolschewismus” wurde das Leitbild. Weißrussland erlebte drei Jahre lang – von Juni 1941 bis August 1944 – die Nazi-Herrschaft. Noch vor dem Überfall planten die Deutschen, drei Viertel der Bevölkerung der belarussischen Sowjetrepublik zu vernichten und „umzusiedeln“. Die Verbliebenen sollten „germanisiert“, letztlich versklavt werden.
Die überwiegende Mehrheit solcher Operationen, wie die “Operation Cottbus“ oder die “Operation Hermann“, wurden gestartet, um die örtliche nichtjüdische Bevölkerung zu terrorisieren, auszuplündern und zu dezimieren sowie alle verbliebenen Juden zu ermorden. Alte Männer, Frauen und Kinder wurden routinemäßig in Scheunen getrieben und anschließend in Brand gesteckt. Die abscheulichen Verbrechen wurden von Deutschen und Einsatzeinheiten mit einheimischen Kollaborateuren begangen.
Forschung und Erinnerung mit Respekt
Immer steht die Frage, wie können Menschen Menschen töten - noch dazu Zivilisten, Nichtbeteiligte am Krieg, Kinder, Frauen, Alte … so grausam und in Massen?
Historische Forschungen zu den Verbrechen sind nicht abgeschlossen. Viele Fragen sind noch zu klären. Was motivierte einige Sowjetbürger, zu den Waffen zu greifen und sich an der brutalen Abschlachtung und Ausplünderung ihrer Landsleute zu beteiligen? Wer hat die meiste Drecksarbeit gemacht, die Deutschen oder ihre einheimischen Helfer? Wie gelang es vielen, die in Einheiten von Kollaborateuren dienten, nach dem Krieg in den westlichen Ländern Fuß zu fassen und ein normales Leben zu führen? Warum waren westliche Regierungen und Gerichte weitgehend erfolglos darin, diese Männer vor Gericht zu stellen?
Selbst in der größten Grausamkeit dokumentierten die Deutschen ihre eigenen Verbrechen mit Gründlichkeit. Historiker werden weiterhin von den unzähligen erbeuteten deutschen Dokumenten profitieren, die in Archiven in der gesamten ehemaligen Sowjetunion aufbewahrt werden.
Schuneuka wurde zum Symbol für Mut, Kriegshass und Ungehorsam der Sowjetbürger gegenüber den Faschisten.
Schuneuka ist ein Beispiel dafür, was der deutsche Faschismus für ganze Länder und Kontinente vorbereitete. Das durfte nicht passieren – das sowjetische Volk zahlte mit den allergrößten Opfern (27 Mio. Menschenleben), damit das Grauen für die Welt nicht voranschreitet und ein Ende fand. Das sollten sich alle Unterstützer der Ukra-Faschisten hinter die Ohren schreiben.
“Die Hauptaufgabe besteht darin, die Erinnerung an die Vergangenheit nicht zu verlieren. Es ist wichtig, dass junge Menschen darüber Bescheid wissen! Niemand wird vergessen und nichts wird vergessen” (Zitat: Liane Kilinc nach dem Terrorangriff auf ein Kulturzentrum in Krasnogorsk am 22. März 2024 - am Gründungsort des NKFD)!
Und mein Friedensfreund Owe Schattauer meint: “Vergessen schadet immer der Wahrheitssuche und nützt der Lüge.”
Wir, diejenigen, die die Schrecken des Krieges nicht gesehen haben, die Nachkommen der Täter von damals sollten solche Orte besuchen, um den Nachkommen der Opfer zu begegnen, um im gegenseitigen Respekt zu schweigen und den Schmerz der Opfer ein wenig zu spüren. Die Holocaust-Forschung muss auch in Zukunft mit großer Intensität fortgesetzt werden.
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Quellen
- Ermittlungen zu NS-Verbrechen in Weißrussland, Herausforderungen und Lehren von Frank Buscher Ph.D. (bis 2016 Professor für Geschichte an der Christian Brothers University, Doktor der Philosophie in moderner europäischer Geschichte, Kriegsverbrecherforscher, insbesondere Untersuchung von Nazi-Verbrechen in Weißrussland), Quelle: Investigating Nazi Crimes in Byelorussia: Challenges and Lessons, by Frank Buscher » PDF-Dok., 23.10.2023)
- Genozid gegen die Aufständischen, Die Deutsche Anti-Partisanen-Krieg in Belarus, Quelle: Genocidal Counterinsurgency: The German Anti-Partisan War in Belarus, by Kyle Sajoyan » zum Artikel, 23.10.2023)
- DBpedia, About: Operation Cottbus » zum Artikel, 23.10.2023
- Offizielle Website “Chatyn - Staatlicher Gedenkkomplex” über Schuneuka (russ. Шунеўка) im Rajon Dokshitsy, Gebiet Witebsk, 23.10.2023
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Nachsatz
Das Thema Erinnerung und Aufklärung bleibt ein am Anfang stehendes Erfordernis - leicht gesagt und schwer getan. Es erfordert viel Mut, viele Ideen, Mitwirkende, Plattformen und eine zunehmende sowie enge Vernetzung. Port Woling betreibt weiter Aufklärung u.a. zu den Themen …
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