1945-04-11 @ Befreiung in Buchenwald

Geschichte Port Woling – Der Tag der Befreiung Buchenwalds wurde zum Internationalen Tag der Befreiung nazistischer Konzentrationslager


Aktua­li­siert: 07.04.2025

Gedenken an Buchenwald – Nie wieder!

Selbstbefreiung

Am 11. April eines jeden Jah­res geden­ken wir der Opfer des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Buchen­wald sowie inter­na­tio­nal der Befrei­ung aller nazis­ti­schen Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger. Nie wie­der Faschis­mus – weh­ret den Anfängen!

An die­sem Tag im Jahr 1945 hat­ten Häft­linge die Kon­trolle über das KZ Buchen­wald über­nom­men und die SS-Wach­mann­schaf­ten über­wäl­tigt und ver­trie­ben. Sie befrei­ten sich aus eige­ner Kraft. Von Dem­ago­gen und Geschichts­ver­fäl­schern wer­den heute Ame­ri­ka­ner als Befreier genannt.

Erste Sol­da­ten der US-Armee erreich­ten am Abend des Tages der Selbst­be­frei­ung das KZ. Der Lager­kom­man­dant der SS und Wach­mann­schaf­ten waren da bereits von dem Gelände geflo­hen oder viele Bewa­cher bereits im Gewahr­sam der Häft­linge. Der ame­ri­ka­ni­sche Ober­be­fehls­ha­ber der Alli­ier­ten, Dwight D. Eisen­hower, schrieb nach der Befrei­ung des Lagers:

„Nichts hat mich je so erschüt­tert wie die­ser Anblick.“

Viele Fak­ten und Zeug­nisse ehe­ma­li­ger Häft­linge spre­chen eine deut­li­che Spra­che über die erfolgte Selbst­be­frei­ung. Die Zeit­schrift »Junge Welt« berich­tete davon:

“Erst als am 10. April 1945 der Groß­teil der SS-Ein­hei­ten den Etters­berg ver­las­sen hatte, schien mili­tä­ri­sches Han­deln gegen den immer noch mäch­ti­gen Feind mög­lich. Es begann damit, dass es am 11. April kei­nen mor­gend­li­chen Zähl­ap­pell gab. Wäh­rend der SS-Lager­kom­man­dant Pis­ter erklärte, er wolle das Lager über­ge­ben, hör­ten Häft­linge, wie Pis­ter den Kom­man­dan­ten des in der Nähe lie­gen­den Flug­plat­zes Nora ange­ru­fen hatte, er solle gemäß Himm­lers Befehl das Lager liqui­die­ren. Tief­flie­ger soll­ten das Lager mit Gas­bom­ben angrei­fen. Für die Wach­mann­schaf­ten wur­den bereits Gas­mas­ken aus­ge­ge­ben. Um 12.10 Uhr hör­ten die Häft­linge zum letz­ten Mal die ver­hasste Stimme des Rap­port­füh­rers Hof­schulte: »Sämt­li­che SS-Leute aus dem Lager.« Kei­ner wusste, was das zu bedeu­ten hat. Die Wach­türme waren noch besetzt und im Außen­be­reich waren Teile der Pos­ten­kette zu erkennen.

Gleich­zei­tig ent­deck­ten Auf­klä­rer der IMO, die über Fern­glä­ser ver­füg­ten, Kämpfe im Hot­tel­stedt, einem etwa einen Kilo­me­ter vom Lager ent­fern­ten Dorf. Anschei­nend waren die Ame­ri­ka­ner bereits dort. Um 14 Uhr mar­schierte eine Kom­pa­nie SS-Reserve in Rich­tung Front, bog dann aber ab, um sich in Rich­tung Osten abzusetzen.

In die­ser Situa­tion, als US-Trup­pen in direk­ter Nähe des Lagers waren, ent­schied sich das ILK für einen Auf­stand und erteilte dem Lei­ter der IMO die Frei­gabe der Waf­fen. Die Kampf­grup­pen stie­ßen gegen die Wach­türme vor. Fast gleich­zei­tig wur­den an bestimm­ten Durch­bruch­stel­len die Tore und Draht­hin­der­nisse nie­der­ge­ris­sen, die Pos­ten­türme besetzt, mit den dort erbeu­te­ten Waf­fen wei­tere Mili­tär­ka­der aus­ge­rüs­tet. Der Résis­tance-Kämp­fer und spä­tere spa­ni­sche Kul­tur­mi­nis­ter Jorge Sem­prun (1923–2011) berichtete:

»Die Kampf­grup­pen sam­mel­ten sich an den zuvor fest­ge­leg­ten Stel­len. Um 15 Uhr gab das mili­tä­ri­sche Komi­tee den Befehl, die Aktion zu begin­nen. Die Kame­ra­den bra­chen plötz­lich vor, Waf­fen im Arm: auto­ma­ti­sche Gewehre, Maschi­nen­pis­to­len, einige Hand­gra­na­ten, Para­bel­l­ums, Pan­zer­fäuste (…) Waf­fen, die in lan­gen Jah­ren gedul­dig gesam­melt wor­den waren für den heu­ti­gen, so unwahr­schein­li­chen Tag (…) ›In Grup­pen for­miert!‹ brüllte Pale­zon, der mili­tä­risch Ver­ant­wort­li­che der Spa­nier. Wir waren, eben­falls brül­lend, aus den offe­nen Fens­tern gesprun­gen. Jeder wusste, wel­che Waffe für ihn bestimmt war. An Sonn­tag­nach­mit­ta­gen hat­ten wir, ohne die Waf­fen, dies alles, die­sen Zeit­plan geübt, inmit­ten der aus­ge­hun­ger­ten, des­ori­en­tier­ten Menge; alles, alles war schon Reflex gewor­den. (…) Spä­ter mar­schier­ten wir nach Wei­mar, bewaff­net. Als es Nacht wurde, erreich­ten uns die Pan­zer Pat­tons auf dem Wege. Zuerst ungläu­big, dann, nach unse­ren Erklä­run­gen, begeis­tert, ent­deck­ten die Pan­zer diese bewaff­ne­ten Grup­pen, diese frem­den Sol­da­ten in Lum­pen.«” (Quelle: Junge Welt, Bei­trag von Ulrich Schnei­der, vom 05.04.2025, Seite 15, Geschichte, Anti­fa­schis­mus, Aus eige­ner Kraft, Vor 80 Jah­ren befrei­ten sich die Häft­linge des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Buchen­wald).

Das Konzentrationslager

“Das KZ Buchen­wald liegt bei Wei­mar und ent­wi­ckelte sich zum größ­ten KZ auf deut­schem Boden. Es ent­stand im Juli 1937 und wurde durch Gefan­gene ande­rer KZ, u.a. Sach­sen­hau­sen, errich­tet. Zu Beginn war das Lager vor­wie­gend für deut­sche poli­ti­sche Gefan­gene, Vor­be­strafte, “Aso­ziale”, Juden und Jüdin­nen sowie Homo­se­xu­elle vor­ge­se­hen. Mit Aus­bruch des Kriegs wur­den auch immer mehr aus­län­di­sche Häft­linge und Kriegs­ge­fan­gene aus ganz Europa dort inter­niert. Beson­ders seit 1943 wurde das Lager mas­siv für die Rüs­tungs­in­dus­trie ausgebeutet.

Ins­ge­samt waren über eine Vier­tel­mil­lio­nen Men­schen in Buchen­wald und sei­nen Außen­la­gern inhaf­tiert. Bis zum Ende des Zwei­ten Welt­kriegs ver­lo­ren davon rund 56.000 Men­schen ihr Leben. 8.000 Sowje­ti­sche Kriegs­ge­fan­ge­nen wur­den in einer eigens ein­ge­rich­te­ten Tötungs­an­lage ermordet. 

“Ein beson­de­res Sym­bol des KZ Buchen­wald ist der Schrift­zug ′Jedem das Seine′, der am Ein­gangs­tor ein­ge­ar­bei­tet ist. Diese zyni­schen Worte wer­den bewusst zur Demü­ti­gung der Häft­linge gewählt. Er wurde vom Bau­haus-Archi­tek­ten Franz Ehr­lich gestal­tet, der selbst Häft­ling in Buchen­wald war und dazu von den Natio­nal­so­zia­lis­ten gezwun­gen wurde. Er ver­wen­dete eine als ′ent­ar­tet′ ein­ge­stufte Schrift­art des Bau­hau­ses, was jedoch nie auf­fiel” (Quelle: Zum Feind gemacht – 1937 bis 1945 > Buchen­wald im Natio­nal­so­zia­lis­mus).

Gedenken

Die Über­le­ben­den leis­te­ten für die ganze Welt den Schwur von Buchenwald:

“Wir stel­len den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schul­dige vor den Rich­tern der Völ­ker steht. Die Ver­nich­tung des Nazis­mus mit sei­nen Wur­zeln ist unsere Losung. Der Auf­bau einer neuen Welt des Frie­dens und der Frei­heit ist unser Ziel. Das sind wir unse­ren gemor­de­ten Kame­ra­den und ihren Ange­hö­ri­gen schuldig.”

Auf dem Video singt Mus­lim Mago­ma­jew, ein gro­ßer sowje­ti­scher Sän­ger, das Lied “Die Glo­cke von Buchen­wald”. Das anti­fa­schis­ti­sche Frie­dens­lied wurde 1958 von Alex­an­der Sobo­lew und Wano Mura­deli geschaf­fen, wurde welt­weit bekannt und in viele Spra­chen übersetzt.

Erinnern in der Gegenwart

Faschis­mus ist dem Sys­tem des staats­mo­no­po­li­ti­schen Kapi­ta­lis­mus inhä­rent – also eine (in einer Pseudo-Demo­kra­tie) gesetz­mä­ßig von Oben geschaf­fene gesell­schaft­li­che Erschei­nung und nicht nur Abbild brau­ner Schutz­staf­feln oder Wehren.

Wir müs­sen mehr denn je daran erin­nern, denn der Schwur der Über­le­ben­den von → Buchen­wald bleibt unge­hört – ja, in der Gegen­wart de-facto von der → Poli­ti­schen Klasse in den deut­schen Par­la­men­ten unge­hört – ent­ge­gen aller Beteue­run­gen und Zweckaussagen.

Anfang Drei­ßi­ger des 21. Jahr­hun­dert sind die Reprä­sen­tan­ten der Deut­schen im Reichs­tag dabei, Nazis­mus, Mili­ta­ris­mus und Kriege erneut zu befördern.

Sie sind in ihren Gedan­ken und ihrem Han­deln in tiefs­ter Weise hass­erfüllt, aus­gren­zend, dem­ago­gisch, reak­tio­när, chau­vi­nis­tisch, geschichts­ver­ges­sen, mili­ta­ris­tisch, vom obers­ten Finanz­ka­pi­tal (ins­be­son­dere der US-Admi­nis­tra­tion) gebrieft, men­schen­feind­lich, gleich­zei­tig anti­li­be­ral und anti­mar­xis­tisch, eli­tär-mili­tant, inhalts­leer, per­vers auf den Nie­der­gang fokus­siert, Alles gleich­schal­tend, den Stra­ßen­ter­ror för­dernd, vol­un­t­a­ris­tisch den Ver­stand aus­schal­tend. Ja sie erfül­len alle → Merk­male des Faschis­mus – wie wir sie in den Anfän­gen zu Beginn der Drei­ßi­ger des vori­gen Jahr­hun­derts erleb­ten. Liegt das totale Grauen mit Ver­nich­tung in Krie­gen und Lagern wie damals vor uns? Die Anfänge lie­gen jeden­falls hin­ter uns – der Schwur der Über­le­ben­den von Buchen­wald wurde mit Füßen getre­ten – weh­ren wir nun dem Nazis­mus in sei­ner tota­li­tärs­ten Form.

Worte von Maria Sacharowa
Wolf­gang Kiessling – der Autor des Berichts und der Bilder

Ich – ein → Frie­dens­sol­dat für immer – erin­nere alle Geschichts­ver­ges­se­nen an das, was Maria Sacha­rowa, die Pres­se­spre­che­rin des rus­si­schen Außen­mi­nis­te­ri­ums, am 11.04.2023 zum Inter­na­tio­na­len Tag der Befrei­ung der nazis­ti­schen Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger zu sagen hatte:

  • Am 11. April wird auf der gan­zen Welt der Inter­na­tio­nale Tag der Befrei­ung der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger began­gen. Das Datum ist nicht zufäl­lig gewählt: Es war am 11. April 1945, als die Häft­linge des KZ Buchen­wald einen Auf­stand orga­ni­sier­ten und das Lager bis zur Ankunft der 3. US-Armee unter ihrer Kon­trolle hielten.
  • In Deutsch­land und auf den von den Natio­nal­so­zia­lis­ten besetz­ten Gebie­ten wurde ein weit ver­zweig­tes Netz an Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern eta­bliert, in denen unter unmensch­li­chen Bedun­ge­nen Häft­linge, Sol­da­ten und Zivi­lis­ten, aus den Län­dern Euro­pas und aus der UdSSR gefan­gen gehal­ten wurden.
  • Die KZ Ausch­witz, Dachau, Maj­da­nek, Maut­hau­sen, Sach­sen­hau­sen, Ravens­brück, Treb­linka, Stutt­hof usw. sind Todes­la­ger, Orte, an denen unge­heu­er­li­che Mas­sen­morde ver­übt wur­den. Auf dem sowje­ti­schen Ter­ri­to­rium waren es die KZ Sal­as­pils, Aly­tus, Kau­nas IX. Fort, Osarit­schi usw., in denen Zehn­tau­sende unter­ge­bracht wur­den. Die Häft­linge muss­ten Schwerst­ar­beit leis­ten, wur­den als Ver­brauchs­ma­te­rial für erschre­ckende medi­zi­ni­sche Expe­ri­mente benutzt, in den Kre­ma­to­rien ver­brannt und Gas­kam­mern vergiftet.
  • Die Befrei­ung begann 1944, als am 3. Juli die Rote Armee die Insas­sen des KZ Maj­da­nek am Rande des pol­ni­schen Lub­min vor dem Hun­ger­tod ret­tete. Erst dann offen­bar­ten sich der Welt die ganze Kata­stro­phe und das unge­heu­er­li­che Aus­maß der von den Natio­nal­so­zia­lis­ten began­ge­nen Verbrechen.”
In dem Zusammenhang folgende Empfehlungen
  • Nackt unter Wöl­fen, Lite­ra­ri­sche Vor­lage Bruno Apitz (“Nackt unter Wöl­fen”, Roman), Regie: Frank Beyer, 124 Min., Schwarz-Weiß, Spiel­film Deut­sche Demo­kra­ti­sche Repu­blik (DDR), DEFA-Stu­dio für Spiel­filme, 1962, Thema: die Zeit vor der Befrei­ung – der Pole Jan­kow­ski kommt mit einem Trans­port ins KZ Buchenwald;
  • LEMO Leben­di­ges Museum Online > Der Zweite Welt­krieg > Völ­ker­mord > Das KZ Buchenwald
Wolf­gang Kiessling (alias Woling > www.port-woling.de, alias Wolle Ing > www.wolle-ing.de)

Foto-Galerie

Hin­weise zu den Bil­dern (29 Moment­auf­nah­men vom 14.07.2008)

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