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1933-02-27 @ Reichstagsbrand
Geschichte Port Woling – Am 27.02.1933 brannte das Reichstagsgebäude. Fest steht: Die NSDAP wusste die Brandstiftung für sich zu nutzen. Mit der ‘Reichstagsbrandverordnung’ setzte sie Grundrechte außer Kraft und ebnete den Weg in die offene Diktatur
Reichstagsbrand – wem er nützte
Die Lage vor dem Ereignis
Der Brand des Berliner Reichstags in der Nacht vom 27. zum 28. Februar 1933 hatte eine Vorgeschichte, wie jedes historische Ereignis.
Die 20ger des 20. Jahrhunderts in Deutschland waren eine Zeit einer relativen Modernisierung. Das Land erlebte aber auch Hyperinflation und Massenelend. Die miserable Wirtschaftslage führte zum drohenden Zusammenbruch des Landes.

Eine Scheindemokratie ohne Demokraten war der Kitt der Gesellschaft. Volksvertreter vieler Splitterparteien und wechselnde Reichskanzler betrieben offensiv eine Politik für das oberste Finanzkapital und des Revanchismus. Die Gesellschaft der Weimarer Republik war gekennzeichnet durch eine tiefe politische Spaltung. Diese war für die konservativen Eliten Mittel zum Zweck des Machterhalts, aber auch ihren Revanchismus, um alten Machtgelüsten wieder zu folgen.
Die Bevölkerung ging zunehmend gegen den sozialen Abstieg auf die Straße. Aus dem Protest wurde eine radikale Bewegung, deren Wut Hitler und die nazistische NSDAP für sich nutzen. Die Schuld für die Lage des Landes konnte nun verstärkt den ehemaligen Kriegsgegnern aus dem 1. Weltkrieg und auszugrenzenden Menschengruppen in die Schuhe geschoben werden.
Militarismus und nationalistische Theorien trafen auf fruchtbaren Boden.
Zentraler Bestandteil der → Propaganda der NSDAP in dieser Zeit war der Friedensvertrag von Versailles (Versailler Vertrag, Friedensvertrag zum Ende des 1. Weltkriegs), den sie als „Schanddiktat von Versailles“ propagierten, der zu korrigieren wäre. Diese Ideologie leistet dem Militarismus Vorschub. Alt bewährte Feindbilder erfuhren eine Renaissance.
Die Jahre 1929 bis 1933 bildeten Jahre des Niedergangs und schrittweisen Auflösung demokratischer Grundfreiheiten. Notverordnungen sollten die Gesellschaft am Leben erhalten. Eine Fortsetzung der Wahlerfolge der NSDAP geriet Ende 1932, Anfang 1933 in Gefahr. Die Reichstagswahlen vom 06.11.1932 brachten deutliche Verluste für die NSDAP.
Die Endphase der Weimarer Republik war gekennzeichnet durch Unwilligkeit der Parteien zu Kompromissen bzw. politischen Lösungen.
Statt des Parlaments übernahmen ein Präsidialkabinett die Regierungsgeschäfte. Schnell wechselnde Reichskanzler verschärften das politische Chaos. Am 30.01.1933 wird schließlich Hitler Reichskanzler. Reichspräsident Paul von Hindenburg ernannte den NSDAP-Führer Adolf Hitler – nach einer fast vierjährigen Krisenphase in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Eine Entscheidung mit gravierenden Folgen. Hindenburg und eine ausweglose Politik der damaligen → Politischen Klasse waren die Steigbügelhalter des → Militarismus und → Faschismus.
Das Regime erfüllte ohne Verzug die Erwartungen seiner Förderer. Am 7. Februar 1933 folgte das Inkrafttreten der “Notverordnung zum Schutz des Deutschen Volkes” (Schubladenverordnung). Diese schränkte die Versammlungs- und Pressefreiheit umfänglich ein. Sie erleichterte die Verfolgung politischer Gegner. Trotzdem war es Hitler noch nicht möglich, willkürlich jegliche Notverordnungen zu erlassen. Die gesamte Gesetzeslage und Institutionen hatten noch Anpassungsbedarf, um ungebremst walten zu können und alle Gegner aus dem Weg zu räumen. Im Reichstag saßen noch Kommunisten und Sozialdemokraten. Die Weimarer Verfassung und alle in ihr enthaltenen Reste demokratischer Rechte bildeten noch ein administratives und politisches Hindernis.
Die Ausschaltung verfassungsmäßiger Rechte sowie aller politischen Gegner – auch in der Legislative – galt es unmittelbar nach der Machtergreifung durch Hitler zu “legalisieren”.
Dem Faschismus und seinen Auftraggeber (die ökonomisch Mächtigen) waren umso mehr noch vorhandene demokratischen Regularien ein Dorn im Auge. Die Reste an Demokratie galt es endgültig zu beseitigen, um den ökonomischen und militärischen Gelüsten folgen zu können. Um den Übergang zur offenen Diktatur zu vollziehen, bedurfte es noch eines “kriegseröffnenden” bzw. die offene Diktatur eröffnenden Anlass. Diesen zu finden, war schon immer eine Fähigkeit der besonders reaktionärsten, chauvinistischen Kräfte des Großkapitals und seiner politischen Tentakeln – bis in die Gegenwart.
Eine Vorgeschichte Anfang der Dreißiger des 20. Jahrhunderts mit Parallelen zu heute?
Der Reichstagsbrand
Nur 4 Wochen nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler brannte in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 der Berliner Reichstag. Das Feuer ging von einer Vielzahl an Brandherden aus. Der Plenarsaal brannte komplett aus. Schnell wurde Brandstiftung als Ursache ermittelt. Am Tatort wurde der sehbehinderte Marinus van der Lubbe (ein politisch links orientierter niederländischer Arbeiter, bekennenden Anarchisten und Anhänger eines Rätesystems) festgenommen. Er erklärte bis zuletzt bzw. seiner Hinrichtung am 10.01.1934 in Leipzig, den Reichstag allein in Brand gesetzt zu haben.
Der damalige preußische Innenminister Hermann Göring († 1946, NSDAP-Funktionär) und die faschistische NSDAP verbreiteten sehr schnell die These von einem Aufstandsversuch der KPD. Diese Darstellung gilt heute als widerlegt. Die faschistische Regierung nahm das aber zum Anlass, um ab sofort brutal gegen politische Gegner vorzugehen und weitere demokratische Grundrechte einzuschränken.
War der Reichtagsbrand die Inszenierung bzw. der Anlass, um den Hund von der Kette zu lassen?
Die Reaktionen nach dem Ereignis
“Ich glaube, dass sie am 27. Februar bereits fest im Sattel saßen, aber sie konnten nun schneller reiten” (Quelle: Martin Sabrow, Zeithistoriker, Professor an der Humboldt-Universität Berlin, Senior Fellow am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam).
Die NSDAP wusste das Verbrechen für sich zu nutzen. Wer den Nutzen aus dem Ereignis zog, lag auf der Hand. Der Weg war offen, um das Ziel einer absoluten Ermächtigung zu erlangen. Mit der “Reichstagsbrandverordnung“ (Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat, unterzeichnet vom Reichspräsidenten von Hindenburg, Reichskanzler Hitler, Reichsminister Inneres Frick, Reichsminister Justiz Gürtner) vom 28. Februar 1933 wurden Grundrechte außer Kraft gesetzt und der Weg in die Diktatur geebnet. Die Weimarer Verfassung war faktisch beseitigt. Alle in ihr enthaltenen bürgerlich-demokratischen Rechte wurden aufgehoben.
Die politischen Folgen (bei der Beantwortung der Frage “Wem nützte es?”) sprechen unübersehbar für eine mutmaßliche Tatbeteiligung der Faschisten. Mit der Reichstagsbrandverordnung wurden diverse Rechte, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung, persönliche Freiheit, das Brief-, Post-, Fernsprecher- und Telegraphengeheimnis sowie die Vereins- und Versammlungsfreiheit weitestgehend abgeschafft.
Nachdem noch in der Nacht des Brandes die KPD dafür verantwortlich gemacht wurde, kam es zu Massenverhaftungen. Im gesamten Land folgten unmittelbar mehr als 10.000 Verhaftungen von Kommunisten, Sozialdemokraten und demokratisch gesinnte Bürgern. Ein zügelloser faschistischer → Terror durchzog das Land. In kurzer Frist folgten 460 Sondergesetze und Verordnungen. Es entstanden die ersten Konzentrationslager.
Parallel vollzog sich bereits ein massiver öffentlicher Terror auf den Straßen …
… durch die Sturmabteilung (SA) und Schutzstaffel (SS), die dem NSDAP-Politiker und Innenminister Wilhelm Frick unterstanden. Diese paramilitärischen Organisation gipfelten in der → Gründung der Gestapo am 26.04.1933, der politischen Geheimen Staatspolizei.
In dieser gesellschaftlichen Situation fand am 5. März 1933 noch einmal eine Reichstagswahl statt – zum neunten Deutschen Reichstag in der Weimarer Republik. Die vorhergehenden Wahlen geschahen in kurzer Abfolge – 14. September 1930, 31. Juli 1932, 6. November 1932. Zuletzt (im November 1932) gab es herbe Verluste für die NSDAP und Gewinne für die KPD. Die Wahl am 5. März 1933 war de facto aufgrund der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat eine unfreie Wahl. Politische Akteure gegen den wachsenden Faschismus waren schon ausgeschaltet. Zwei Tage vorher war bereits der Vorsitzende der KPD Ernst Thälmann verhaftet worden. Reichstags-Abgeordnetenmandate der KPD waren annulliert.
So konstruierte man sich eine Mehrheit, die am 23. März 1933 das → „Ermächtigungsgesetz“ (Inkrafttretung am 24.03.1933) beschloss. Das Ermächtigungsgesetz war der letzter Schritt zur Errichtung der offenen faschistischen Diktatur. Die gesamte gesetzgebende Gewalt ging an Hitler und seinen Machtapparat über. Ohne Zustimmung von Reichstag und Reichsrat sowie ohne Gegenzeichnung des Reichspräsidenten konnte nun die Regierung eigenmächtig Gesetze erlassen.
Von nun an herrschte die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des obersten Finanzkapitals. Alles – alle Institutionen, die ganze Gesellschaft – unterlag der Gleichschaltung.
Die krisenbedingt vom obersten Finanzkapital betriebene und finanzierte Radikalisierung des bürgerlich-demokratischen Repressionsregimes mündete im autoritären bürgerlichen Repressionsregime.
Zerschlagung des Widerstand
Kurz nach dem Verbot der KPD sowie auch einem faktischen Betätigungsverbot für die SPD als „staats- und volksfeindliche Partei“ (22. Juni 1933) lösten sich alle Parteien mit Ausnahme der NSDAP auf. Am 14. Juli 1933 folgte das “Gesetz gegen die Neubildung von Parteien” (auf Beschluss der Reichsregierung, unterzeichnet von Reichskanzler Hitler, Reichsminister Inneres Frick, Reichsminister Justiz Gürtner).
In der Folge des Reichstagsbrand wurden innerhalb weniger Monate systematisch Antikriegsbewegungen, gewerkschaftliche und antifaschistische Organisationen sowie auch Jugendorganisationen und Vereine zerschlagen. Ihre Anführer, Mitglieder und Sympathisanten wurden verfolgt, inhaftiert und feige ermordet. Von den Kommunisten Deutschlands (KPD-Mitgliederzahl bis zu 360.000, Stand November 1932) überlebten noch nicht einmal die Hälfte die Diktatur. Viele Widerständler aus allen Schichten der Gesellschaft wurden verfolgt und ermordet.
Nachdem der Anführer seiner Klasse Ernst Thälmann verhaftet war, fanden antifaschistische Protestkundgebungen nur noch im Ausland statt – in Deutschland war es legal nicht mehr möglich. Die “Hamburger Volkszeitung” titelte noch am 22. März 1933 “Arbeiter, heraus zum Massenstreik – erkämpft die Freilassung des Führers der KPD …”. Es war ein letzter Versuch. Widerstand fand spätestens nach dem 24. März 1933 nur noch in der Illegalität statt – wie beispielhaft der Widerstand der Kriegsgegner und Antifaschisten → Hilde und Hans Coppi.
Folgen
Das fragwürdige Phänomen der Verfassungsdurchbrechung mittels Ermächtigungsgesetzen durch den Faschismus macht(e) es möglich, dass in einer Krisenzeit, die Herrschende und der Militarismus schufen, nun Alles ohne Skrupel in einer offenen Diktatur zu unternehmen, um besonders profitabel daraus hervor zu gehen. Diese Verfassungsdurchbrechung war – und blieb es bis heute – ein gefährliches, totalitäres Instrument von Antidemokraten und Faschisten, das Tür und Tor zur offenen Diktatur öffnete.
Der Reichstagsbrand war der eröffnende Anlass für den Start der offenen faschistischen Diktatur.
Bis heute sind die Hintergründe des Reichstagsbrand nicht zweifelsfrei geklärt. Im Grunde ist eine eindeutige Kenntnis des Täters nicht entscheidend. Entscheidend ist das Wissen um Jene, die den Nutzen daraus zogen und die in der Folge zügellos gegen alles Menschliche handelten. Während damals noch viele unentschlossene Demokraten blauäugig dachten, die Mächtigen und ihr Handlanger Hitler würde nicht zum Äußersten gehen, war das Ereignis der Startschuss zur offenen Diktatur, Massenmorden, Vernichtungskriegen und im menschlichen Ermessen nicht für möglich gehaltenen Verbrechen des deutschen Faschismus.
Der Selbstermächtigung des deutschen Faschismus folgten die Novemberpogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Wir kennen sie unter den Begriffen → »Kristallnacht« und »Reichspogromnacht«. Die Pogromnacht war wiederum der Startschuss eines beispiellosen Vernichtungsfeldzuges von Menschen gegen Menschen. Menschen töteten Menschen – in Massen. Die Saat der »Banalität des Bösen« (Begriff nach Hannah Arendt, † 1975, Analytikerin der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse und im Eichmann-Prozess) ging auf.
Am 20. Januar 1942 passierte weiteres, schier UNFASSBARES, nicht menschenmöglich Erscheinende in einer Villa am Wannsee in Berlin » Das Wannensee-Protokoll «. Die → “Protokolle des Wahnsinns”, die größten Verbrechen seit Menschengedenken wurden zur Wannenseekonferenz beschlossen.
Die weitere Geschichte des deutschen Faschismus ist grauenvoll und lang, führte u.a. über den → Überfall auf die Sowjetunion (mit der Vernichtung von 27 Millionen Sowjetbürgern) und den meisten Länder Europas bis hin zu seiner Vernichtung.
Die Lehren aus dem Ereignis
Der Reichstagsbrand war der Beginn von allem Grauen, was die Welt, verursacht vom deutschen Faschismus, bis zur Befreiung am 8. Mai 1945 erlebte.
Gibt es Wiederholungspotenzial? Die Frage ist Spekulation, wenn wir sie auf ein mögliches, ähnliches Ereignis im Bundestag anwenden. Sie ist aber keine Spekulation, wenn wir in der Geschichte und Gegenwart die Rolle von Anlässe betrachten, die historische Vorfälle eröffneten, wie zum Beispiel den erfundenen Anlässen, wie dem initiierten Maidan-Putsch 2014 in der Ukraine oder den kriegseröffnenden Anlässen des Tonkin-Zwischenfall im Golf von Tonkin vor der Küste Nordvietnams oder den für den zweiten Irak-Krieg erfundenen Daten über Massenvernichtungswaffen (trotz gegensätzlicher Aufklärungsberichte eigener Geheimdienste).
→ Staatslügen und Leitmedien haben Tradition.
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Quellenverzeichnis
- MLPD, Vor 75 Jahren – Reichstagsbrand, 2023-03-31
- bpb, Bundeszentrale politische Bildung, Reichstagsbrand – auf dem Weg, 2023-03-31
Nachsatz
Das Thema Erinnerung und Aufklärung bleibt ein am Anfang stehendes Erfordernis – leicht gesagt und schwer getan. Es erfordert viel Mut, viele Ideen, Mitwirkende, Plattformen und eine zunehmende sowie enge Vernetzung. Port Woling betreibt weiter Aufklärung u.a. zu den Themen …
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