Grenzer - Gedenken, Gedanken, Schwur

Aktio­nen Port Woling - Schmidt und Janel­le, 2 jun­ge DDR-Gren­zer für den Frie­den - 1951 an der deut­schen Naht­li­nie bei Ger­s­tun­gen von NATO-Sol­da­ten ermordet


Grenzer für den Frieden

Gedenk­stein Heinz Janel­lo und Wer­ner Schmidt, stand bis 1990 auf dem Gelän­de der Grenz­kom­pa­nie Untersuhl

lie­be Frie­dens­freun­de, ich sit­ze am Ufer und bin am heu­ti­gen Tag im Geden­ken der am 2. März 1951 bei Untersuhl (Ger­s­tun­gen, Thü­rin­gen) ermor­de­ten Frie­dens­sol­da­ten und DDR-Gren­zer Wer­ner Schmidt (geb. 11.12.1931) und Heinz Janel­lo (geb. 21.12.1931).

Sie - wie vie­le wei­te­re im Dienst Ermor­de­te - waren Ange­hö­ri­ge der Grenz­si­che­rungs­kräf­te der DDR an der Staats­gren­ze zur BRD im glei­chen Grenz­ab­schnitt - der Trenn­li­nie und einer Haupt­rich­tung der sich gegen­über lie­gen­den Mili­tär­pak­te -, in dem ich nach mei­nem Mili­tär­stu­di­um von 1984 bis 1990 als Offi­zier und Kom­man­deur dien­te, in dem Anfang 50ger auch ein Bru­der mei­ner Mut­ter sei­nen Frie­dens­dienst versah.

Wer­ner Schmidt und Heinz Janel­lo fie­len im Kal­ten Krieg.

Der Tat­ort - Bild: Kar­te, Naht­li­nie zwi­schen BRD & DDR bei Untersuhl, Obersuhl, gezeich­net in den 80ger durch den Autor, sicht­bar ist ein im Dresd­ner Armee-Muse­um wie­der­ge­fun­de­nes Karten-Fragment

Die Gren­ze quer durch Deutsch­land war eine Sys­tem­gren­ze, an der sich die mäch­tigs­ten Mili­tär­bünd­nis­se des 20. Jahr­hun­derts auf Leben und Tod gegen­über­stan­den. Sie war kei­ne Erfin­dung der DDR, kein Aus­druck feh­len­der Demo­kra­tie. Die­se Staats­gren­ze war eine Fol­ge des mör­de­ri­schen, ver­bre­che­ri­schen Feld­zu­ges des deut­schen Faschis­mus und sei­ner Ver­bün­de­ten im 2. Welt­krieg gegen die Sowjet­uni­on und Völ­ker Euro­pas. Sie war die immer brenz­li­ge Naht­li­nie zwi­schen den bei­den Welt­sys­te­men des huma­nis­ti­schen, fried­lie­ben­den Sozia­lis­mus und stän­dig kriegs­trei­ben­den Kapi­ta­lis­mus der Ex-Kolo­ni­al­mäch­te des Wes­tens - eine Naht­li­nie zwi­schen den 2 deut­schen Natio­nen, an der es in Anbe­tracht der direkt gegen­über­lie­gen­den aggres­si­ven US-Kräf­te der NATO zu jeder Zeit eine Kon­fron­ta­ti­on zu ver­mei­den galt.

Blick auf Untersuhl - der US-Kräf­te an der Staats­gren­ze der Auf­klä­rungs­kom­pa­nie des 11. UA ACR (Armored Caval­ry Regi­ment) der US-Armee, mit stän­di­ger B-Stel­le in Bos­se­ro­de, sta­tio­niert in Bad Hers­feld, im Vor­bei­ge­hen weni­ge Meter ent­fernt war meis­tens das Maschi­nen­ge­wehr auf mich gerich­tet - Nor­ma­li­tät, dane­ben gepan­zer­te Fahr­zeu­ge M60, spä­ter M1 und M109

Sie war der Ort, an dem Jahr­zehn­te lang jeden Tag ober­halb des Dor­fes wenigs­tens ein US-Pan­zer anroll­te und sei­ne Kano­ne in mei­nen nur weni­ge hun­dert Meter ent­fern­ten Wohn­ort Untersuhl rich­te­te. Es war der Ort, wo mein Kind Mitte/Ende 80ger spiel­te, lern­te und den Kin­der­gar­ten besuch­te. An die­sem Ort ver­rich­te­te ich über vie­le Jah­re mei­nen jeder­zeit ver­ant­wor­tungs­vol­len und auf­rei­ben­den Dienst für den Schutz des Frie­dens.

Die Ange­hö­ri­gen der Deut­schen Grenz­po­li­zei bzw. spä­ter der Grenz­trup­pen (nament­lich ab 01.04.1962 “Grenz­trup­pen der NVA”, ab 27.09.1973 “Grenz­trup­pen der DDR”, ohne Ände­rung des Unter­stel­lungs­ver­hält­nis­ses inner­halb der Natio­na­len Volks­ar­mee) voll­zo­gen in über vier­zig Jah­ren ihres Bestehens den Spa­gat zwi­schen zwei bri­san­ten Auf­ga­ben - der Ord­nungs- sowie Sicher­heits­funk­ti­on an den Staats­gren­zen der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik UND der mili­tä­ri­schen Siche­rung der west­li­chen Außen­gren­ze inner­halb des War­schau­er Pakts gegen­über der NATO. Dem­entspre­chend war ihre dem akti­ven Dienst vor­an­ge­hen­de Aus­bil­dung zuerst eine har­te mili­tä­ri­sche, aber auch eine Befä­hi­gung zur Umset­zung des Grenz­ge­set­zes der DDR (Gesetz über die Staats­gren­ze der DDR).

Kern­auf­ga­be war die Siche­rung der ter­ri­to­ria­len Inte­gri­tät und Sou­ve­rä­ni­tät unse­res Lan­des - als Grund­la­ge für den Frie­dens­er­halt -, so wie es jeder Staat die­ser Welt ganz legi­tim für not­wen­dig erachtet.

Die Tra­gö­die heut­zu­ta­ge - die Wahr­heit über die Grenz­trup­pen der DDR wur­de gleich­falls durch die ver­meint­li­chen Sie­ger umge­schrie­ben. Die Leit­me­di­en haben gan­ze Arbeit geleis­tet. Der durch­schnitt­li­che Deut­sche lebt im Glau­ben, an der Gren­ze hät­ten damals schieß­wü­ti­ge Gren­zer gestan­den. Die eigent­li­che Wahr­heit ist aller­dings eine Ande­re und viel kom­ple­xer. Tra­gi­scher­wei­se kamen auch Zivi­lis­ten um, die, der Gefah­ren sich bewusst, unrecht­mä­ßig die­se Gren­ze que­ren wollten.

Die eigent­li­che und gro­ße Her­aus­for­de­rung für jeden Gren­zer, die Situa­ti­on und Gefahr, bestand damals im Dienst an der Linie zwi­schen den bei­den gro­ßen Welt­sys­te­men. Es war eine Linie, an der zu jedem Zeit­punkt größ­te Beson­nen­heit gefor­dert war, an der ein Fun­ke eine fol­gen­schwe­re Eska­la­ti­on ent­fa­chen konn­te. Und ja - auch nicht weni­ge Kame­ra­den star­ben - durch den Geg­ner, manch­mal durch Verräter.

Die Opfer blei­ben Mah­nung und gehen in unse­rer Erin­ne­rung dahin …

NATO-Kräf­te in Euro­pa - Doku. damals und heu­te - Zie­le, Han­deln, Bewaff­nung, Aus­rüs­tung gegen­über lie­gen­der US-Ein­hei­ten waren bekannt bis zur letz­ten Pistole

Unter mei­ner Anti­fa­schis­mus-Web­site [Port Woling] berich­te­te ich bereits in mei­nen Bei­trä­gen → “Grenz­weg Ger­s­t­un­ger Forst” und → “Grenz­ge­schich­te” über den Dienst an der Staats­gren­ze. Will Jemand oder soll­ten künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen die Wahr­heit zum har­ten und wich­ti­gen Grenz­dienst hören? Ich als Zeit­zeu­ge und Sol­dat an der Naht­li­nie - als → Frie­dens­sol­dat für immer - hät­te noch viel mehr dar­über zu berich­ten. Ich - ein Berufs­sol­dat mit fast 10 Jah­ren in den Grenz­trup­pen und am eigent­li­chen Brenn­punkt unmit­tel­bar an der grü­nen Linie - wer­de erleb­te Wahr­hei­ten sicher bald auf­schrei­ben - auch über wei­te­re Gren­zen die­ser Welt, die ich sonst noch ken­nen lern­te. Erin­nern, um die Wahr­hei­ten zu fin­den, um die Zukunft lebens­wert zu gestalten.

Der Autor 1987 in der GK Untersuhl

In mei­ner Grenz­kom­pa­nie in Untersuhl, einem Schwer­punkt­be­reich der täg­li­chen, unmit­tel­ba­ren Kon­fron­ta­ti­on mit den NATO-Kräf­ten, gedach­ten wir jedes Jahr am Todes­tag der durch US-Sol­da­ten 1951 ermor­de­ten Schmidt und Janel­lo. Am heu­ti­gen Tag, dem 11. Dezem­ber und Geburts­tag von Wer­ner Schmidt, betrach­te ich mit größ­ter Sor­ge die Tat­sa­che des erneu­ten Zie­hens einer Naht­li­nie zwi­schen Ost und West durch EU und kriegs­trei­ben­de NATO sowie des Auf­zie­hens ihrer mili­tä­ri­schen Kräf­te in unmit­tel­ba­rer Nähe zu Bela­rus und Russland.

Ich beob­ach­te auch, wie deut­sche Obe­re Geschich­te ver­dre­hen und ver­ges­send machen. Ich beob­ach­te, wie der deut­sche Mili­ta­ris­mus unse­re Kin­der und Enkel wie­der in den Krieg trei­ben will. Ich beob­ach­te, wie von deut­schem Boden wie­der Krie­ge aus­ge­hen. Ich beob­ach­te, wie faschis­ti­sche Kol­la­bo­ra­teu­re und Leit­fi­gu­ren in öst­li­chen EU-Län­dern und auch Deutsch­land wie­der salon­fä­hig gemacht wer­den. Ich sit­ze am Ufer der Wer­ra und beob­ach­te einen aso­zia­len, kor­rup­ten Unwer­te­wes­ten, Revan­chis­mus in Rein­kul­tur und Faschis­mus in voll­zo­ge­nen Anfängen.

Als Hptm a.D. und Frie­dens­sol­dat für immer: “ICH SCHWÖRE vor den ermor­de­ten Kame­ra­den von Neu­em gemäß mei­nes geleis­te­ten Fah­nen­ei­des, mei­ner Pflicht sowie mei­ner Treue zu Frie­den und einer huma­nis­ti­schen Gesell­schaft, NIE zu ruhen, das NIE-WIEDER von Wei­mar mit Leben zu erfül­len, das erneu­te ver­bre­che­ri­sche Kriegs­trei­ben der EU-Füh­rung, des deut­schen Mili­ta­ris­mus, der deut­schen Poli­ti­schen Klas­se und NATO-Füh­rung jeder­zeit zu ent­lar­ven, ihren faschis­ti­schen Cha­rak­ter auf­zu­zei­gen sowie die Men­schen in unse­rem Land und den bedroh­ten, befreun­de­ten Natio­nen von Bela­rus und Russ­land zu größ­ter → Wach­sam­keit anzuhalten.”

In die­sem Zusam­men­hang erin­ne­re ich: WIR GRENZER waren immer Jene, die den ers­ten Schlag auf sich neh­men, wie der → Sol­dat in Brest (→ Bela­rus), als die Söld­ner des → Faschis­mus schon ein­mal kamen. Das erfor­dert stets mensch­li­chen Geist und Grö­ße sowie, sich der Ver­ant­wor­tung und allen Fol­gen sei­nes Han­delns bewusst. Grenz­dienst war Gefechts­dienst in Frie­dens­zei­ten. Unser Ein­satz hat mit dazu bei­getra­gen, dass ab 1971 ers­te zar­te Ergeb­nis­se im Ent­span­nungs­pro­zess erzielt wur­den, das Wett­rüs­ten gebremst und die Kriegs­ge­fahr ver­rin­gert wur­de. … Dar­auf waren wir stolz und sind es heu­te noch!” (Zitat: H. Prauß, Oberst a.D. Vor­sit­zen­der Ver­band zur Pfle­ge der Tra­di­tio­nen der Natio­na­len Volks­ar­mee und der Grenz­trup­pen der DDR e. V., Gruß­wort zum 78. Jah­res­tag der Grün­dung der Grenz­trup­pen der DDR, 01.12.2024, https://www.vtnvagt.de/index.php/78-vorstand/grussadressen/2193-grusswort-zum-jahrestag-der-grenztruppen-der-ddr-2024).

Eine Fra­ge stel­le ich mir noch zum Abschluss mei­ner Gedan­ken. Wo sind der Gedenk­stein und die Gedenk­ta­fel von Schmidt und Janel­lo ver­blie­ben? Sie wur­den uns genom­men. Das Geden­ken und die Erin­ne­rung kann uns aber Nie­mand nehmen.

Wolf­gang Kiessling, Hptm a.D. (ali­as Woling - www.port-woling.de, ali­as Wol­le Ing - www.wolle-ing.de)

Nachsatz

Das The­ma Erin­ne­rung und Auf­klä­rung bleibt ein am Anfang ste­hen­des Erfor­der­nis - leicht gesagt und schwer getan. Es erfor­dert viel Mut, vie­le Ideen, Mit­wir­ken­de, Platt­for­men und eine zuneh­men­de sowie enge Ver­net­zung. Port Woling betreibt wei­ter Auf­klä­rung u.a. zu den Themen …

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