1933-04-26 @ Gestapo Gründung

Geschichte Port Woling – Geheim, ohne demo­kra­ti­sche Legi­ti­ma­tion, die Gestapo – eine poli­ti­sche Poli­zei, deren Vor­läu­fer in den Anfän­gen des Faschis­mus im Deut­schen Reich seine Anfänge nah­men. Bei­trag zur Auf­klä­rung. Parallelen?


Aktua­li­siert: 28.08.2024

Geheime Staatspolizei – Gestapo

Port Woling - Information, Aufklärung

Gestapo, Vorgeschichte

Die Jahre 1929 bis 1933 bil­de­ten Jahre des Nie­der­gangs Deutsch­lands (Welt­wirt­schafts­krise, Abschwung, Minus­wachs­tum), der Auf­lö­sung demo­kra­ti­scher Grund­rechte und Gleich­schal­tung von Säu­len der Staa­tes (Gewalt­ein­tei­lung, staats­tra­gende Gewal­ten). Eine fast vier­jäh­rige Kri­sen­phase in Wirt­schaft, Poli­tik und Gesell­schaft. Not­ver­ord­nun­gen (Muss­be­stim­mun­gen, Radi­ka­len­er­lasse ohne demo­kra­ti­schen Pro­zess) soll­ten das Land am Leben erhal­ten. Revan­chis­ten pro­pa­gier­ten eine Schuld für die gesell­schaft­li­chen Miss­stände bei Ande­ren, vor allem in den Ergeb­nis­sen des 1. Welt­krie­ges und den Men­schen im Osten (Feind­bild Russ­land, die “Sla­wen im Osten”).

Diese Jahre unter­la­gen einer Grund­lage gemäß der in Arti­kel 48 der Wei­ma­rer Reichs­ver­fas­sung vor­ge­se­hene Rege­lung, nach der der Reichs­prä­si­dent ermäch­tigt ist, die öffent­li­che Sicher­heit und Ord­nung wie­der­her­zu­stel­len – ohne ordent­li­ches Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren durch das Par­la­ment und unter Außer­kraft­set­zung der Grund­rechte. Neue Gesetze wur­den in der End­phase der Wei­ma­rer Repu­blik ohne par­la­men­ta­ri­schen Beschluss, ohne einem hand­lungs­fä­hi­gen Par­la­ment erlas­sen. Statt des Par­la­ments über­nah­men ein Prä­si­di­al­ka­bi­nett (Prä­si­di­al­dik­ta­tur) die Regie­rungs­ge­schäfte. Es unter­stand dem beson­de­rem Recht des Reichs­prä­si­den­ten (Staats­ober­haupt des Deut­schen Reiches).

Am 30.01.1933 ernannte der Reichs­prä­si­dent Paul von Hin­den­burg den NSDAP-Füh­rer → Adolf Hit­ler zum deut­schen Reichs­kanz­ler. Eine Ent­schei­dung mit Vor­ge­schichte und gra­vie­ren­den Fol­gen. Am 01.02.1933 löste Hit­ler den Reichs­tag auf und sicherte sich die Allein­herr­schaft. Hin­den­burg und eine aus­weg­lose Poli­tik lei­te­ten zuvor mit ihrer Poli­tik die Anfänge des Faschis­mus ein. Sie waren die Steig­bü­gel­hal­ter des Faschis­mus. Im Wei­te­ren galt es, das Sys­tem des Faschis­mus, → Mili­ta­ris­mus und Revan­chis­mus (des Gegen­an­griffs, von Rache­ak­ten) poli­tisch und ideo­lo­gisch zu sichern, alle Geg­ner auszuschalten.

Eine Vor­ge­schichte der Gestapo mit Par­al­le­len zu heute? Betrach­ten wir diese Geheime Staatspolizei.

Gestapo, Kurzbeschreibung

Die Gestapo (Abk. für Geheime Staats­po­li­zei) war in der Zeit des Faschis­mus (Drit­tes Reich) von 1933 bis 1945 ein kri­mi­nal­po­li­zei­li­cher Behör­den­ap­pa­rat sowie die poli­ti­sche Poli­zei. Als einer der wich­tigs­ten Behör­den des extre­mis­ti­schen (abnor­men, gewalt­tä­ti­gen, radi­ka­li­sier­ten), faschis­ti­schen Staa­tes bestand sie als Instru­ment zur Bekämp­fung poli­ti­scher und welt­an­schau­li­cher Geg­ner. Ihre Auf­gabe bestand darin, das Regime vor sei­nen poli­ti­schen Fein­den zu bewah­ren. Dazu hatte sie weit­rei­chende Macht­be­fug­nisse, die jeg­li­cher demo­kra­ti­scher Grund­lage entbehrten.

Diese poli­ti­sche Poli­zei unter­lag einer ideo­lo­gi­schen Gleich­schal­tung unter die Ziele des Staa­tes. Wer im Inne­ren die­ses Appa­rats nur in den Ver­dacht eines Abweich­lers geriet, wurde ausgesondert.

Exis­tenz und Pra­xis der Gestapo bil­de­ten ein mar­kan­tes Werk­zeug und → Kenn­zei­chen einer tota­li­tä­ren (repres­si­ven, des­po­ti­schen) Dik­ta­tur und des Faschis­mus. Üblich für die Gestapo waren bru­tale Fol­ter- und Ermitt­lungs­me­tho­den, um von den Beschul­dig­ten Aus­sa­gen zu erzwin­gen. Ihre Orga­ni­sa­tion und Gestal­tung geschah ohne demo­kra­ti­sche Legi­ti­ma­tion (Beglau­bi­gung).

Metho­den des Vor­ge­hens der Gestapo bil­de­ten u.a. der Ein­satz von Infor­man­ten, die Über­wa­chung von Ziel­per­so­nen, Haus­durch­su­chun­gen, Unter­su­chun­gen mit bru­tals­ten Ver­hör­me­tho­den und Fol­ter. Zu ihren Haupt­auf­ga­ben gehör­ten die gewalt­same Unter­drü­ckung der Wider­stands­be­we­gung in Deutsch­land und in dem von Deutsch­land besetz­ten Europa sowie in den spä­te­ren Jah­ren ihrer Exis­tenz die Koor­di­na­tion von will­kür­li­chen Depor­ta­tio­nen von Fein­den des Staa­tes und Juden in Ghet­tos, Tötungs­stät­ten sowie Kon­zen­tra­ti­ons- und Ver­nich­tungs­la­ger. Am → Holo­caust waren aber auch andere Poli­zei­kräfte betei­ligt, wie die Kri­mi­nal­po­li­zei und die uni­for­mierte Ordnungspolizei.

Gestapo, Aufbau und Herausforderungen

“In nahezu sämt­li­chen Län­dern des Deut­schen Reichs exis­tierte vor der Macht­über­nahme der Natio­nal­so­zia­lis­ten 1933 eine Poli­ti­sche Poli­zei zur Bekämp­fung staats­feind­li­cher Bestre­bun­gen, aller­dings ermit­telte diese zumeist nur im lin­ken poli­ti­schen Milieu. Eine aus­drück­lich als Geheime Staats­po­li­zei (Gestapo) bezeich­nete Orga­ni­sa­tion schuf Her­mann Göring in sei­ner Funk­tion als preu­ßi­scher Innen­mi­nis­ter mit einem Rund­erlass zur Errich­tung eines Gehei­men Staats­po­li­zei­amts (Gestapo) vom 26. April 1933. Unter Lei­tung von Rudolf Diels (1900-1957) und ab April 1934 von Rein­hard Heyd­rich ent­wi­ckelte sich die Gestapo in Preu­ßen inner­halb weni­ger Monate zu einer eigen­stän­di­gen, aus den tra­di­tio­nel­len Poli­zei- und Ver­wal­tungs­be­hör­den her­aus­ge­lös­ten ‘Gesin­nungs­po­li­zei’, die bis 1936 nomi­nell Göring unter­stellt war.”[1]

Die Geheime Staats­po­li­zei (Gestapo) ent­stand nach der Macht­er­grei­fung der NSDAP 1933 aus den ent­spre­chen­den Berei­chen der Poli­zei der Län­der der Wei­ma­rer Repu­blik. Sie wurde am 26. April 1933 gegrün­det. Im Juni 1936 wurde Hein­rich Himm­ler Chef der gesam­ten deut­schen Poli­zei – auf der Grund­lage von Hit­lers „Erlass des Füh­rers und Reichs­kanz­lers über die Ein­set­zung eines Chefs der deut­schen Poli­zei im Reichs­mi­nis­te­rium des Inne­ren (Innen­mi­nis­te­rium des Deut­schen Rei­ches). Diese umfasste nun die unter­schied­li­chen Poli­zei­ver­bände wie Schutz­po­li­zei, Gen­dar­me­rie, Gemein­de­po­li­zei und im Wei­te­ren auch die Gestapo.[2]

Die Gestapo glie­derte sich in zehn Dezer­nate (Abtei­lun­gen) – Dezer­nate für Gene­rel­les und Schutz­haft­sa­chen sowie die rest­li­chen Dezer­nate zur Über­wa­chung und Abwehr poli­ti­scher Bewe­gun­gen. Die Aus­bil­dung von Gestapo, Kripo und SD wurde ab dem Jahr 1938 gemein­sam orga­ni­siert. Die Gestapo wurde spä­ter mit der Kri­mi­nal­po­li­zei als Teil der Sicher­heits­po­li­zei (Abk. Sipo) zum Reichs­si­cher­heits­haupt­amt (Abk. RSHA) zusam­men­ge­schlos­sen. Nach­fol­gend wurde auch der Sicher­heits­dienst genannte Geheim­dienst (Abk. SD) integriert.

Die Lei­tung der Sipo über­nahm Rein­hard Heyd­rich. Am Ende des Drit­ten Reichs waren etwa 32.000 zivil­ge­klei­dete Mit­ar­bei­ter in der Gestapo beschäf­tigt.[3] Nicht alle Mit­ar­bei­ter hat­ten eine poli­zei­li­che Aus­bil­dung. Ent­schei­dend war ihre erfolg­rei­che Trans­for­ma­tion in die ideo­lo­gisch aus­ge­rich­tete Gestapo.

Die Gestapo stand anfäng­lich als Gesin­nungs­po­li­zei vor neuen Herausforderungen.

Der dezen­trale Poli­zei­ap­pa­rat war noch kei­ner zen­tra­len Macht unter­stellt. Die Wei­ma­rer Ver­fas­sung war noch gül­tig, was z.B. will­kür­li­che Ver­haf­tun­gen noch nicht ermög­lichte. Recht­li­che Hin­der­nisse galt es aus­zu­räu­men. Eine Nazi­fi­zie­rung der poli­ti­schen Poli­zei musste die Grund­la­gen für eine sichere Fokus­sie­rung schaf­fen. Die Mit­ar­bei­ter der poli­ti­schen Poli­zei galt es ideo­lo­gisch aus­zu­rich­ten (Faschi­sie­rung im Den­ken) und in der Zukunft jedes Aus­sche­ren zu verhindern.

Ab dem Jahr 1933 wur­den Not­ver­ord­nun­gen erlas­sen – so u.a. die “Not­ver­ord­nung zum Schutz von Volk und Staat” (die soge­nannte “Reichs­tags­brand­ver­ord­nung“) vom 28.02.1933, die Grund­rechte, wie die Ver­samm­lungs­frei­heit, aber auch die Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit außer Kraft setzte und die ers­ten will­kür­li­chen Ver­haf­tun­gen sowie Tötun­gen von Kom­mu­nis­ten und Oppo­si­ti­ons­po­li­ti­kern ermöglichte.

Mit dem am 24. März 1933 fol­gen­den Ermäch­ti­gungs­ge­setz (“Gesetz zur Behe­bung der Not von Volk und Reich”) über­trug der Deut­sche Reichs­tag die gesetz­ge­bende Gewalt voll­stän­dig auf die neue Hit­ler-Regie­rung. Das Gesetz hob die für eine demo­kra­ti­sche Staats­ord­nung kon­sti­tu­ie­rende Gewal­ten­tei­lung auf. Indi­vi­du­al­rechte und gesetz­li­cher Schutz wur­den aus­ge­he­belt. Der Gestapo stan­den bis zu ihrer Grün­dung am 26. April 1933 alle Mög­lich­kei­ten für Will­kür und Gewalt­herr­schaft zur Verfügung.

Die kri­sen­be­dingt von Tei­len des Kapi­tals betrie­bene und finan­zierte Radi­ka­li­sie­rung des bür­ger­lich-demo­kra­ti­schen Repres­si­ons­re­gimes in Rich­tung eines auto­ri­tä­ren bür­ger­li­chen Repres­si­ons­re­gimes (Beschrei­bung der → Radi­ka­li­sie­rung nach Susann Bonath) hatte mit der Reichs­tags­brand­ver­ord­nung die Tür zur offe­nen, ter­ro­ris­ti­schen Dik­ta­tur der reak­tio­närs­ten, chau­vi­nis­tischs­ten, am meis­ten impe­ria­lis­ti­schen Ele­mente des Finanz­ka­pi­tals (gemäß → Faschis­mus-Defi­ni­tion Georgi Dimitroff) geöff­net und dem fol­gen­den Ermäch­ti­gungs­ge­setz die Schwelle über­schrit­ten. Die Gestapo hatte nun freie Hand.

Funktion und Praxis im Dritten Reich

Die Funk­tion der Gestapo war zuerst der Kampf gegen poli­ti­sche Geg­ner des faschis­ti­schen Staats­ge­bil­des. Mit ihrer zuneh­men­den Bru­ta­li­tät war sie berüch­tigt und gefürchtet.

Inner­halb der Poli­zei­ar­beit bil­det die poli­ti­sche Poli­zei eine Son­der­form mit dem Ziel, den poli­ti­schen Sta­tus quo zu wahren.

“Poli­ti­sche Poli­zei­kräfte schüt­zen einen Staat oder eine Regie­rung vor Staats­ge­fähr­dung, Sabo­tage oder Umsturz. Dazu über­wa­chen sie die Bür­ger und sam­meln Infor­ma­tio­nen über sie. Diese Metho­den hel­fen ihnen dabei, innere Bedro­hun­gen zu iden­ti­fi­zie­ren, die sich gegen die Regie­rung rich­ten. Poli­ti­sche Poli­zei­kräfte wer­den manch­mal auch als Geheim­po­li­zei bezeich­net. Auto­ri­täre Staa­ten, wie etwa das NS-Regime, stüt­zen sich auf eine sol­che Geheim­po­li­zei, um ihre Macht auf­recht­zu­er­hal­ten und abzu­si­chern.”[4]

Die Pra­xis der Gestapo-Arbeit im faschis­ti­schen Deutsch­land war aber auch durch ein star­kes Vor­ge­hen gegen die Min­der­heit der Juden geprägt, das i.d.R. mit deren Depor­ta­tion (Ver­schlep­pung) und Ermor­dung endete. Wei­ter­hin erfolgte ein Bekämp­fen von Min­der­hei­ten wie Homo­se­xu­el­len, so genann­tem „Aso­zia­len und Arbeits­scheuen“ sowie den im Unter­grund agie­ren­den Zeu­gen Jeho­vas.

“Die Gestapo war auch für die Dis­zi­pli­nie­rung der Zwangsarbeiter:innen aus Polen und der Sowjet­union zustän­dig, die sie bei Ver­dacht auf Wider­stand, wegen ver­meint­li­cher Sabo­tage oder Plün­dern in KZ inhaf­tierte. Auch nach der Auf­de­ckung eines soge­nann­ten ‘ver­bo­te­nen Umgangs’ wur­den sowje­ti­sche und pol­ni­sche Zwangs­ar­bei­ter der Gestapo über­stellt und der soge­nann­ten Son­der­be­hand­lung unter­zo­gen – einer euphe­mis­ti­schen Bezeich­nung für ihre Hin­rich­tung.”[5]

Zum gän­gi­gen Werk­zeug der Gestapo gehörte die Infil­tra­tion (Ein­si­ckern, Ein­flö­ßen) von Kol­la­bo­ra­teu­ren (Infor­man­ten, Denun­zi­an­ten) in ver­bo­tene Par­teien und Grup­pen. Mit­glie­der von Bewe­gun­gen gegen das Regime und den Krieg wur­den mit­hilfe von Dro­hun­gen, Gewalt und mate­ri­el­len Vor­tei­len zur Koope­ra­tion (Zusam­men­ar­beit) bewo­gen. V-Leute (Ver­trau­ens­per­so­nen als gedun­gene, die­nende Quelle für Poli­zei oder Nach­rich­ten­dienste) in der Bevöl­ke­rung sorg­ten dafür, dass der orga­ni­sierte Wider­stand zuver­läs­sig vor Aus­bruch zer­schla­gen wurde.

In bestimm­ten Fäl­len lei­tete die Gestapo von sich aus Unter­su­chun­gen und Über­wa­chun­gen ein. Eine rich­ter­li­cher Beschluss war nicht erfor­der­lich. In ande­ren Fäl­len han­delte sie auf Hin­weise von ande­ren Insti­tu­tio­nen oder eben auch aus der Bevöl­ke­rung. Betrof­fene wur­den von Nach­barn, Bekann­ten, Kol­le­gen, Freun­den und sogar Fami­li­en­mit­glie­dern der Gestapo nur auf Ver­dacht gemel­det. Das Denun­zi­an­ten­tum (Ver­leum­der) spielte eine große Rolle, da eine → Mas­sen­über­wa­chung tech­no­lo­gisch noch nicht sicher­stell­bar war.

Ein fal­sches Wort am fal­schen Ort zur fal­schen Zeit reichte schon, um will­kür­lich inhaf­tiert zu wer­den. Viele Ver­folgte des faschis­ti­schen Regimes saßen nur auf­grund sol­cher Hin­weise jah­re­lang ein oder wur­den auch ermordet.

“Die Effek­ti­vi­tät (Wirk­sam­keit) der Gestapo beruhte auf die­sem aus­ge­dehn­ten Über­wa­chungs­sys­tem aus Spit­zeln und auf einem poli­tisch, beruf­lich oder pri­vat begrün­de­ten Denun­zi­an­ten­tum. Kon­se­quent schritt die Gestapo ein, wenn aus den ihr zuge­stell­ten “Mel­dun­gen wich­ti­ger staats­po­li­zei­li­cher Ereig­nisse” staats­ge­fähr­dende Bestre­bun­gen, regime­kri­ti­sche Hal­tun­gen oder – vor allem im Zwei­ten Welt­krieg – defä­tis­ti­sche Ansich­ten her­vor­gin­gen.”[6]

Bis 1939 wur­den vor allem Kom­mu­nis­ten und Sozi­al­de­mo­kra­ten sys­te­ma­tisch bekämpft. Jeden konnte es tref­fen – auch viele Gewerk­schaf­ter und Mit­glie­der der Kir­chen wur­den Ver­folgte des faschis­ti­schen Regimes. Das Sys­tem zur Bespit­ze­lung und Dif­fa­mie­rung war aus­ge­klü­gelt. Kleinste Bemer­kun­gen gegen das Sys­tem in der Öffent­lich­keit reich­ten aus, um ohne rich­ter­li­che Nach­prü­fung repres­siv (gebie­te­risch) oder prä­ven­tiv (vor­beu­gend, sicher­heits­hal­ber) ver­folgt, inhaf­tiert bzw. in “Schutz­haft”, “Vor­beu­ge­haft” oder nach Kriegs­be­ginn in “Arbeits­er­zie­hungs­haft” genom­men zu werden.

Die Gestapo-Beam­ten wen­de­ten zur Erpres­sung von Aus­sa­gen oder Geständ­nisse sys­te­ma­tisch die Fol­ter (Pei­ni­gung, Miss­hand­lung) an. Bru­talste Fol­ter- und Ermitt­lungs­me­tho­den gehör­ten zum All­tag. Die Schutz­haft war ein ent­schei­den­des Macht­in­stru­ment. Die End­sta­tion von Ver­folg­ten bil­dete i.d.R. ein Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger (Abk. KZ), wenn nicht gar (ab 1937) das Fall­beil im Straf­ge­fäng­nis Ber­lin-Plöt­zen­see. Wer aus dem KZ nicht zurück­keh­ren sollte, erhielt von der Gestapo in sei­ner Akte den Ver­merk: “Rück­kehr uner­wünscht”.

Das Vor­ge­hen der Gestapo gestal­tete sich auch von gehei­men Exe­ku­tio­nen (Hin­rich­tun­gen) von Ein­zel­per­so­nen bis hin zur Mas­sen­exe­ku­tion ohne gericht­li­che Ver­fah­ren. Es war wie jedes Han­deln der Gestapo Aus­druck des → Ter­rors des Staa­tes gegen die eigene Gesellschaft.

Für die Inhaf­tie­rung der Ver­folg­ten muss­ten neue Mög­lich­kei­ten ent­wi­ckelt wer­den. “Ab 1933 waren die Haft­stät­ten der Gehei­men Staats­po­li­zei (Gestapo) und der Ord­nungs­po­li­zei (Orpo) neben den Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern die zen­tra­len Orte des Ter­rors und der Repres­sion gegen die poli­ti­schen Geg­nern des NS-Regimes. … Seit März 1933 ent­stan­den zahl­rei­che Schutz­haft­ab­tei­lun­gen in den Poli­zei­ge­fäng­nis­sen und Gestapo-Gefäng­nis­sen, aber auch in regu­lä­ren Gefäng­nis­sen und Zucht­häu­sern, die zu die­sem Zweck von der Jus­tiz zur Ver­fü­gung gestellt wurden. … 

Bereits im Früh­jahr 1933 waren diese Haft­an­stal­ten weit über ihr eigent­li­ches Fas­sungs­ver­mö­gen hin­aus belegt. Neben der Über­fül­lung und der Unge­wiss­heit über das wei­tere Schick­sal war der All­tag der Inhaf­tier­ten von stun­den­lan­gen Ver­hö­ren, Fol­ter und Gewalt sowie zum Teil Ein­zel­haft oder Dun­kel­ar­rest geprägt. Die Inhaf­tie­rung und die Ver­neh­mun­gen konn­ten dabei wenige Stun­den oder Tage bis hin zu Wochen oder meh­re­ren Mona­ten dau­ern. Für die meis­ten der Inhaf­tier­ten waren diese Haft­stät­ten eine Durch­gangs­sta­tion, häu­fig zu den Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern.”[7]

Die größ­ten Ver­bre­chen der Gestapo fan­den wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs inner­halb Deutsch­lands sowie in den besetz­ten Gebie­ten stattAb dem Jahr 1941 gip­felte die Betei­li­gung der Gestapo an Mas­sen­mor­den an Häft­lin­gen in den Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern. “Der größte Mas­sen­mord in der Geschichte Buchen­walds war eine Zusam­men­ar­beit der SS mit Wehr­macht und Gestapo. In einem umge­bau­ten Pfer­de­stall unweit des Lagers ermor­de­ten SS-Män­ner des „Kom­man­dos 99“ seit Ende 1941 min­des­tens 8.000 sowje­ti­sche Kriegs­ge­fan­gene. Auch abseits der Mord­pro­gramme führte die Buchen­wal­der SS Hin­rich­tun­gen im Auf­trag der Gestapo aus. Den rechts­freien Raum des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers nutz­ten zudem Phar­ma­un­ter­neh­men und medi­zi­ni­sche Insti­tute für ihre Zwe­cke. Gemein­sam mit der SS miss­brauch­ten sie Häft­linge für Men­schen­ver­su­che.”[8]

Gestapo nach dem Krieg

Im Nürn­ber­ger Pro­zess (Haupt­kriegs­ver­bre­cher­pro­zess, 20.11.1945 bis 01.10.1946) wurde die Gestapo zur ver­bre­che­ri­schen Orga­ni­sa­tion erklärt.

Mit dem Kon­troll­ge­setz Num­mer 2 vom 10. Okto­ber 1945 wurde die Gestapo durch den Alli­ier­ten Kon­troll­rat ver­bo­ten und das Gestapo Eigen­tum wird beschlag­nahmt. … hohe Funk­ti­ons­trä­ger der Gestapo wur­den im euro­päi­schen Aus­land für ihre Taten ver­ur­teilt. Ein Spruch­kam­mer­ver­fah­ren zur juris­ti­schen Ver­hal­tens­be­ur­tei­lung ver­hin­derte für viele Beamte der mitt­le­ren und nied­ri­gen Ränge die Wei­ter­be­schäf­ti­gung in einer Poli­zei­be­hörde. 1951 wur­den jedoch Zahl­rei­che von ihnen durch John Jay McClay amnes­tiert. Para­graph 67 des Geset­zes zur Rege­lung der Rechts­ver­hält­nisse der unter Arti­kel 131 des Grund­ge­set­zes fal­len­den Per­so­nen, erleich­terte den ehe­ma­li­gen Gestapo-Beam­ten die Wie­der­an­stel­lung, so dass in den 1950er Jah­ren zahl­rei­che belas­tete Beamte wie­der in Poli­zei- und Jus­tiz­ap­pa­rat der Bun­des­re­pu­blik ein­ge­glie­dert wur­den.[9]

In der DDR wur­den Kriegs­ver­bre­cher und Gestapo-Täter kon­se­quent ver­folgt und zur Rechen­schaft gezogen. Ein Bei­spiel ist der Fall des ehe­ma­li­gen SS-Ober­stürm­füh­rers Kri­mi­nal­kom­mis­sar Henry Schmidt – bis Februar 1945 Refe­rats­lei­ter der Staats­po­li­zei­leit­stelle Dres­den der Gestapo. “Erst viele Jahre spä­ter ist Herny Schmidt der Pro­zess gemacht wor­den. 1986 ist sein Dop­pel­le­ben zufäl­lig ent­deckt wor­den, er wurde ver­haf­tet und konnte Dank der Zeu­gen­aus­sa­gen von ein­zel­nen Über­le­ben­den 74-jäh­rig, nach über 40 Jah­ren für seine Anwei­sun­gen zur Ver­ant­wor­tung gezo­gen und zu einer lebens­lan­gen Frei­heits­strafe ver­ur­teilt wer­den.”[10]

Gegenwart, Analogien und Lehren

Die Gestapo war als poli­ti­sche Poli­zei ein Werk­zeug zur Durch­set­zung der extre­mis­ti­schen und spä­ter radi­kals­ten Aspekte der Poli­tik der Regie­ren­den bzw. Dik­ta­tur des Staa­tes – frei agie­rend ohne einer wirk­sa­men demo­kra­ti­sche Kon­trolle. Jedes ziel­füh­rende unlau­tere, unmensch­li­che, auto­kra­ti­sche Mit­tel zur Durch­set­zung der Ziele waren in ihrem Han­deln legitim.

Par­al­le­len zu heute? Obere posaun­ten doch jah­re­lang, den Anfän­gen weh­ren zu wol­len. Taten sie es? Mir scheint, nein! Wir sehen deut­lich – sie selbst sind die Extre­mis­ten, die die Anfänge voll­zo­gen.

Par­al­le­len – ich nenne sie Ana­lo­gien der Geschichte – zei­gen sich sicher (noch) nicht in der schlimms­ten Aus­prä­gung der Gestapo in ihren spä­ten Jah­ren. Sie zei­gen sich aber heute und hier­zu­lande im Vor­feld der Gestapo-Grün­dung (gesell­schaft­li­cher Aspekte) sowie in den Anfän­gen des Wir­kens die­ser poli­ti­schen Poli­zei. In der Gegen­wart sehen wir ähn­li­che gesell­schaft­li­che Zuspit­zun­gen, wie Anfang der Drei­ßi­ger des letz­ten Jahr­hun­derts. Herr­schende kon­stru­ie­ren eine Krise nach der Ande­ren. Ihre Pro­fit­gier kennt keine Gren­zen. Und – wir sehen wie damals einen Pro­zess der Gleich­schal­tung der Säu­len des Staates. 

Wir sehen mit die­ser Ent­wick­lung ein­her­ge­hend nicht nur eine Welle der Ein­däm­mung der Presse- und Mei­nungs­frei­heit und demo­kra­ti­scher Grund­rechte. Wir erleb(t)en auch eine Flut an Geset­zes­än­de­run­gen, von denen ein mar­kan­ter Teil de facto als Not­stands­ge­setze anzu­se­hen ist – ana­log der Grund­ge­setz­än­de­run­gen vom Som­mer 1968, um eine außer­par­la­men­ta­ri­sche Oppo­si­tion in den Kri­sen, die sie schaf­fen, ein­zu­däm­men und die Masse außer­halb demo­kra­ti­scher Regeln beherr­schen zu kön­nen – u.a. in den Jah­ren 2019 bis 2024 in Deutsch­land Poli­zei­ge­setze der Län­der, Infek­ti­ons­schutz­ge­setz, Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz, inkl. Innen­mi­nis­ter-Erlasse u.a. das Grund­rechte aus­schal­tende Ver­bot des Com­pact-Maga­zins im Juli 2024 (egal, wie man zu die­sem Maga­zin steht).

Wie steht es um das deut­sche Innen­mi­nis­te­rium der Gegenwart?

Wie um die irren, dik­ta­to­ri­schen Gesetze im Schnell­ver­fah­ren der Frau Fae­ser und ihrer Vor­gän­ger sowie Amts­kol­le­gen der Län­der? Wie um die Presse- und Mei­nungs­frei­heit? Wie steht es um die Bestre­bun­gen zur Gleich­schal­tung in ihrem Res­sort? Deut­sche Geheim­dienste außer­halb wirk­sa­mer, unab­hän­gi­ger Kon­trolle? Ist die Innen­mi­nis­te­rin noch im Bilde, um nicht zu fra­gen rechts­kon­form (geset­zes­treu, bevoll­mäch­tigt, in Ent­schei­dun­gen dem Gesetz fol­gend)? Ist sie dem Grund­ge­setz sowie Völ­ker­recht nach buch­sta­ben­ge­treu aufgestellt?

Ich will und werde es an die­ser Stelle nicht im Detail und mit voll­stän­di­ger, lan­ger Liste bewer­ten, was uns ein heu­ti­ges “Gesin­nungs­mi­nis­te­rium für rich­ti­ges und betreu­tes Den­ken” beschert. Dar­über spä­ter in ande­rer Form. Erin­nern möchte ich hier nur an die bekannte Zulas­sung poli­tisch moti­vier­ter Morde durch Geheim­dienste – gemäß Aus­sage: “Ener­gi­sches Vor­ge­hen gegen Oppo­si­tio­nelle bis hin zur Tötung …” als legi­ti­mes Werk­zeug – geäu­ßert durch den Chef des Bun­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schut­zes Tho­mas Hal­den­wang in einer öffent­li­chen Anhö­rung der deut­schen Geheim­dienste am 17.10.2022 vor einem Bun­des­tags­aus­schuss – siehe Video ab etwa 0:59:30: You­Tube.

Oder auch erin­nern an die am 1.4.2024 in Kraft getre­tene Ände­rung des Dis­zi­pli­nar­rechts gegen unlieb­same Beamte und Poli­zis­ten, die ver­ord­nete, kon­stru­ierte Nar­ra­tive nicht mit­zu­tra­gen – und ihre will­kür­li­che Ver­ur­tei­lung sowie mög­li­che Ent­fer­nung aus dem Dienst ohne Gerichts­be­schluss – inklu­sive grund­ge­setz­wid­ri­ger Beweis­last­um­kehr. Siehe auch die Arti­kel “Auf­takt zur Poli­zei-Säu­be­rung à la Fae­ser?” sowie die offi­zi­elle BMI-Mit­tei­lung “Reform des Dis­zi­pli­nar­rechts tritt in Kraft“. Oder – wie sieht es um geplante, men­schen­rechts­wid­rige, will­kür­li­che, heim­li­che Haus­durch­su­chun­gen aus?

Übri­gens – bei den Ber­li­ner Sicher­heits­be­hör­den begann bereits im Som­mer 2020 ganz offen die­ser Pro­zess der Gleich­schal­tung – wie man auch auf Demons­tra­tio­nen oder an rus­si­schen Gedenk­ta­gen in Ber­lin aktiv zu spü­ren bekommt. “Wir haben die Füh­rung fast aller Ber­li­ner Sicher­heits­be­hör­den aus­ge­tauscht und dort ziem­lich gute Leute rein­ge­bracht. Bei der Feu­er­wehr, der Poli­zei, der Gene­ral­staats­an­walt­schaft und auch beim Ver­fas­sungs­schutz. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft bemerk­bar macht.[11] Jetzt wird die­ser Pro­zess bun­des­weit festgemacht.

Die Bana­li­tät des Bösen (Han­nah Are­ndt) nimmt Step by Step extreme, ja radi­kale Züge an.

Ich stelle aber in den Raum: Die Anfänge des Faschis­mus sind heute in Deutsch­land de facto wie­der voll­zo­gen. Das ist keine Ver­harm­lo­sung der Vor­gänge von damals – denn Ana­lo­gien (Ähn­lich­keit, Affi­ni­tät, Gleich­ar­tig­keit) der Geschichte des Faschis­mus in den Anfän­gen, nicht in sei­ner grau­sams­ten Aus­prä­gung nach vol­ler Ent­fal­tung, sind in allen Aspek­ten (Blick­win­kel, Gesichts­punkte) die­ser Erschei­nung unver­kenn­bar.

Den Anfän­gen des Faschis­mus kön­nen wir nicht mehr weh­ren (weil voll­zo­gen) – aber sei­ner wei­te­ren Aus­prä­gung – wir müs­sen es!

Jeder mag selbst den Ver­gleich her­stel­len anhand mei­ner → Faschis­mus-Ana­lyse sowie den → Aspek­ten des Faschis­mus, der → Zeit­zei­chen, wie den → kapi­ta­len Strick­mus­tern oder der Frage danach, ob wir → die Wahl haben. Klar ist, der Faschis­mus war nie weg – er ist dem Sys­tem und sei­nen Macht­ha­bern gesetz­mä­ßig inhä­rent (inne­woh­nend).

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Literatur/Quellen (ergänzend zu den bereits verlinkten)
Nachsatz

Das Thema Erin­ne­rung und Auf­klä­rung bleibt ein am Anfang ste­hen­des Erfor­der­nis – leicht gesagt und schwer getan. Es erfor­dert viel Mut, viele Ideen, Mit­wir­kende, Platt­for­men und eine zuneh­mende sowie enge Ver­net­zung. Port Woling betreibt wei­ter Auf­klä­rung u.a. zu den Themen …

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